Designierter Erzbischof bei Pressekonferenz nach Ernennung: "Ich glaube nicht, dass Verheiratete bessere oder schlechtere Priester sind als zölibatäre" - Frauen mehr Mitbestimmung ermöglichen
Wien, 17.10.2025 (KAP) Josef Grünwidl, der am Freitag von Papst Leo XIV. zum neuen Wiener Erzbischof ernannt worden ist, hat sich klar für Reformen in der katholischen Kirche ausgesprochen. Bei der Wiener Pressekonferenz unmittelbar nach Bekanntgabe der Entscheidung bekräftigte er auf Anfrage von Journalisten seinen Wunsch nach einer Weiterentwicklung der kirchlichen Praxis und des Kirchenrechts hinsichtlich der Rolle der Frauen sowie auch beim Zölibat. "Ich meine, es sollte sich hier was ändern", so der künftige Wiener Erzbischof; er wolle bei diesen Fragen seine schon bisher vertretene Linie weitergehen, immer jedoch in Einheit mit der Kirche.
Hinsichtlich des Zölibats betonte er, das ehelose Leben für Priester habe immer schon existiert und werde auch immer weiterbestehen, er plädiere jedoch für eine Änderung im Kirchenrecht hin zu einer freien Entscheidung. "Wir sehen an unseren Schwesternkirchen - den Orthodoxen und jenen der Reformation - dass es möglich ist, verheiratet zu sein und einen priesterlichen pastoralen Dienst in der Kirche auszuüben", argumentierte Grünwidl. Auch in der Erzdiözese Wien gebe es verheiratete Priester aus den unierten Kirchen, die mit ihrer Familie im Pfarrhof wohnten. "Ich glaube nicht, dass das bessere oder schlechtere Priester sind als die, die zölibatär leben."
Durch eine Entkoppelung von ehelosem Leben und Zulassung zum Priesterberuf würde wohl manches "entkrampfter", glaubte Grünwidl. Zwar sei auch in diesem Fall "kein Run" auf das Priestertum zu erwarten, doch könnten jene, die eine Priesterberufung verspüren, eher "jenen Lebensstand wählen, der ihnen entspricht und der sie glücklich macht". Einige seiner Priesterkollegen hätten das Amt verlassen, da sie geheiratet haben, sagte der künftige Erzbischof, "und es sind nicht die schlechtesten Priester". Für die von ihm präferierte Aufhebung des Pflichtzölibats wäre freilich eine kirchenrechtliche Änderung vonnöten.
Frauen in Entscheidungspositionen bringen
Hinsichtlich der Stellung der Frau befand der designierte Erzbischof, das Thema sei "mit der Weltsynode endgültig und deutlich auch in der Kirche angekommen". Präsenz und Mitarbeit von Frauen gebe es im kirchlichen Alltag schon längst, auf sie falle längst der Großteil des Engagements. "Ausbaufähig" sei jedoch ihre Einbindung in den Entscheidungen, wo sie "neue Stimmen und eine neue Qualität" einbringen könnten, hätten die Synodensitzungen vor Augen geführt. Ein Problem sei jedoch, "dass viele jetzt schon vom Kirchenrecht vorgesehenen Möglichkeiten dazu noch zu wenig oder noch gar nicht genutzt werden", beklagte Grünwidl.
Das Problem bestehe auf allen Ebenen der Kirche, "und auch ein Bischof hat Möglichkeiten, sein Beratungsgremium zusammenzustellen", so der künftige Wiener Oberhirte. In seiner bisherigen Funktion als Apostolischer Administrator der Erzdiözese habe er darauf reagiert und die Diözesanleitung um drei Frauen erweitert. Zwar sei dies nur eine Symbolhandlung gewesen, "doch es war mir wichtig, dass es nicht nur Männer sind". Gleichermaßen wäre für ihn auch die Aufnahme von Frauen im Kardinalskollegium denkbar.
Differenziert positionierte sich Grünwidl zur Frage nach der Weihe von Frauen zu Diakoninnen oder Priesterinnen. Auch wenn dies in Westeuropa immer wieder im Gespräch sei und er sich Veränderungen nicht nur vorstellen, sondern sie auch ausdrücklich begrüßen würde, sei dies "weltkirchlich kein Thema", so der designierte Erzbischof. "Das wäre eine derartige Veränderung in der 2.000-jährigen Tradition der Kirche, dass eine solche Entscheidung nur bei einem ökumenischen Konzil geklärt werden könnte."
Künftiger Wiener Erzbischof bei Pressekonferenz nach seiner Ernennung mit Bekenntnis zu Menschennähe, synodalen Entscheidungen, Dialog und besonderem Blick auf Marginalisierte - Bischofsweihe am 24. Jänner im Stephansdom durch Kardinal Schönborn