Innsbrucker Bischof in "Krone"-Interview: "Wir dürfen uns nicht mit einer Epidemie der Einsamkeit abfinden" - Glettler in ORF-Tirol-Podcast: "Hoffe 2026 auf mehrfachen Durchbruch zum Frieden"
Innsbruck, 23.12.2025 (KAP) Eine ganz eigene Deutung des Jugendworts des Jahres - "Six-Seven" - hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler im Blick auf Weihnachten bzw. den christlichen Wochenrhythmus anzubieten. "Die Sechs steht für die Wochentage, für den Alltag, nicht selten auch Mühe und Durchhalten - und die Sieben steht für den Sonntag, für das Fest, für die Freude. Six-Seven in guter Balance", sagte Glettler in einem Interview mit der "Krone" (Tirol-Ausgabe, 22. Dezember). Darüber hinaus lud der Innsbrucker Bischof dazu ein, Weihnachten einfach und authentisch und nicht als "perfekte Show" zu feiern. Dies komme dem Geheimnis dieses Festes am nächsten.
Weihnachten sei "eine Anstiftung zur solidarischen Grundhaltung, zum Miteinander über alle menschlichen Grenzen hinweg" - und kein "Abfeiern" eines bloßen Märchens, führte der Innsbrucker Oberhirte aus. Diese Solidarität könne man etwa zeigen, indem man bewusst versuche, aus den eigenen "Bubbles" aufzutauchen, Beziehungen und Freundschaften zu pflegen und sich der grassierenden "Epidemie der Einsamkeit" entgegenzustellen: "Überraschen wir einander, auch in der Nachbarschaft. Leute rechnen nicht mehr damit, dass jemand anklopft. Und an uns alle gerichtet: Vorsicht, sich selbst nicht in die Einsamkeit zurückziehen! Weihnachten ist eine Anstiftung für Begegnungen."
In einem Interview mit "meinbezirk.at" (22. Dezember) rief Glettler zudem dazu auf, zu Weihnachten den Aspekt der Versöhnung in den Fokus zu nehmen: "In dieser nervösen, hochaggressiven Zeit wird bewusst: Dieses Fest der Weihnacht kann etwas, nämlich entängstigen, entfeinden und von zu schweren Lasten, die wir im Herzen tragen, befreien." Versöhnung sei auch eine wichtige Haltung in der Demokratie, denn sie sei Grundbedingung eines friedlichen Zusammenlebens: "Konkret heißt das, sich geduldig mit dem Andersdenken und Anderssein auseinanderzusetzen und einander anzunehmen. Das sind die wichtigen Grundhaltungen, die es in unserem Zusammenleben braucht und die es auch für die Demokratie in der Zukunft braucht", so der Innsbrucker Bischof.
"Hoffe 2026 auf mehrfachen Durchbruch zum Frieden"
Seiner Hoffnung auf einen "mehrfachen Durchbruch zum Frieden" im kommenden Jahr hat Bischof Hermann Glettler im ORF-Tirol-Podcast "Krippengespräch" Ausdruck verliehen. Die "Hypothek von 2025" sei groß, wenn man an die großen Krisen und Kriege denkt. Weihnachten könne einen "Hoffnungsschub für die Zukunft" bedeuten - und die Hoffnung stärken, dass es Friedensprozesse und Lösungen in Gaza und der Ukraine geben möge, "die den Menschen dort wirklich zumutbar sind und nicht nur irgendeinem Trump'schen 'Deal' entsprechen".
Glettler wörtlich: "Ich wünsche mir, dass es im Großen der Welt gesehen mehrfach einen Durchbruch zum Frieden gibt. Dass die vernünftigen Stimmen stärker werden. Dass Menschen gestärkt werden, die für andere da sind, auch Institutionen. Dass es mehr Zusammenarbeit gibt, (...) dass Begegnungen passieren und dass wir 'ruhig-unruhig' sind: Wir dürfen uns nicht an diese Pandemie der Einsamkeit gewöhnen. Diese Erkrankung unserer Gesellschaft, sondern einander suchen, aufsuchen."
Positiv gestaltete sich das vergangene Jahr 2025 aus Sicht Glettlers im Blick auf kirchliche Personalentscheidungen: Sowohl die Wahl von Papst Leo XIV. als auch die Ernennung des neuen Wiener Erzbischofs Josef Grünwidl seien gut für die Kirche, zeigte sich Glettler überzeugt. Papst Leo, insofern er Ruhe und zugleich thematische Beharrlichkeit ausstrahle und mit den Themen Frieden und auch Künstliche Intelligenz zwei wichtige Anliegen vertrete, die die Welt massiv betreffen. An Grünwidl schätze er dessen "konstruktive Art" und halte die Entscheidung für eine "sehr gute Wahl". Es brauche "Burning Persons", also Menschen, die für ihre Sache brennen, wie Grünwidl - aber auch darüber hinaus brauche es Menschen, die sich für die kirchliche und gesellschaftliche Erneuerung einsetzen.
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Satz "Nur wer innerlich brennt, kann leuchten" stammt aus der Chrisammesse des künftigen Wiener Erzbischofs und wurde von der Gesellschaft für Österreichisches Deutsch (GSÖD) ausgezeichnet - Auch "negativer Spruch des Jahres" mit Kirchenbezug