Scheuer: Christentum drängt auf "gerechten Frieden"
17.12.202513:53
Österreich/Kirche/Friedensprozess/Scheuer
Oberösterreichischer Bischof in Linzer "KirchenZeitung"-Interview über Weihnachten, die christliche Friedensethik und sein Zehn-Jahres-Jubiläum als Bischof von Linz
Linz, 17.12.2025 (KAP) An den Frieden-stiftenden Kern des Christentums hat der Linzer Bischof Manfred Scheuer anlässlich des nahen Weihnachtsfestes erinnert. "Die Überzeugung, dass Frieden möglich ist, steht im Evangelium", so Scheuer im Interview mit der Linzer "KirchenZeitung" (Mittwoch). Dabei sei der kirchliche Friedenseinsatz jedoch "nicht ohne Koordinaten": "Zum Koordinatensystem des Friedens gehört, dass er kein Diktat und nicht mit Ausbeutung verbunden sein darf. So etwas hat nicht auf Dauer Bestand, vielmehr kommt der Konflikt immer wieder hoch." Deshalb spreche die Kirche auch nicht vom gerechten Krieg, "sondern vom gerechten Frieden", so der Linzer Bischof.
Die kirchliche Friedensethik kenne "auch den gerechtfertigten Eingriff, die begrenzte Anwendung von Gewalt, um angesichts des Angreifers ein größeres Unheil zu verhindern und Opfer zu schützen". Wobei dies keineswegs jede Form der eingesetzten Gewalt bzw. gewählten Mittel rechtfertige, sondern vielmehr "die vorangehende Anwendung gewaltloser Mittel" voraussetze, erinnerte Scheuer. Für den Christen gelte jedenfalls, dass er sich angesichts der Krisen in der Welt nicht in eine bloße spirituelle Innerlichkeit zurückziehen dürfe. Beides - Innerlichkeit und politisches Engagement - müssten sich vielmehr durchdringen: "Mystik und Politik hängen insofern zusammen, als es ein starkes inneres Rückgrat braucht, um angesichts der gegenwärtigen Lage nicht zu resignieren. Es braucht eine starke innere Überzeugung, um sich nicht von Gewalt, Tyrannei, aber auch Dummheit einschüchtern zu lassen. Innerlichkeit ist eine Widerstandskraft gegen das Böse."
Am 17. Jänner 2026 jährt sich der Tag der Amtsübernahme Scheuers als Bischof von Linz zum zehnten Mal. Im Blick auf diese Zeitspanne rekapitulierte Scheuer, dass sich vieles geändert habe - zugleich aber in Oberösterreich eine "lebendige Kultur des Glaubens" und ein "guter Grundwasserspiegel der Solidarität" fortbestehe: "Natürlich merke ich auch, dass es in manchen Bereichen schwieriger geworden ist, dass etwas vom kirchlichen Leben abgebrochen ist. Auch in der Kirche gibt es Tendenzen, dass wir nicht mehr so gut miteinander können oder wollen. Es ist meine Aufgabe, Realist zu sein."
Dazu zähle auch, die laufende Strukturreform und die Reform der diözesanen Dienste weiter voranzutreiben. "Aber damit können wir nur die Rahmenbedingungen schaffen, damit Menschen sich einbringen können. Was letztlich herauskommt, hängt stark von der inneren Überzeugungskraft, von der Lebendigkeit ab." Für die Zukunft wünsche er sich "nicht nur eine Weite und Breite des kirchlichen Lebens und des Glaubens, sondern auch eine Vertiefung und Intensivierung. Es braucht jene, die im Kern der Gemeinschaft beten, feiern und glauben, damit andere, Suchende dazukommen können", so Scheuer abschließend.