60 Jahre Konzilsjubiläum: Theologen plädieren für neues Konzil
26.11.202511:41
Österreich/Kirche/Konzil/Podcast
Neue Folge des Theologie-Podcast "Diesseits von Eden": Gregor Maria Hoff, Dietmar Winkler und Michaela Quast-Neulinger thematisieren zentrale Dokumente der letzten Konzilsphase
Wien/Salzburg/Innsbruck, 26.11.2025 (KAP) Sechzig Jahre nach dem Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils am 8. Dezember 1965 ist die Zeit reif, über ein neues Konzil nachzudenken. Das haben die Salzburger Theologen Prof. Gregor Maria Hoff und Prof. Dietmar Winkler sowie die Innsbrucker Theologin Prof. Michaela Quast-Neulinger in einer neuen Folge des Theologie-Podcasts "Diesseits von Eden" betont. Konzilien seien stets Orte der Problemerörterung und -lösung gewesen - und heute habe sich ein Problemüberhang in Form von Spaltungstendenzen eingestellt, der nach einer konziliaren Debatte und Entscheidung verlange, sagte der Salzburger Kirchenhistoriker Winkler: "Das Konzil ist der genuine Platz zur Überwindung von Spannungen."
Der begonnene Synodale Prozess sei ein guter Auftakt, hielten die Theologen fest, und er könne auch eine entsprechende kirchliche Dialog- und Beteiligungskultur bereiten und die kirchliche Transformation vorantreiben, aber irgendwann werde der Moment kommen, so Hoff, dass es gelte, Entscheidungen zu treffen: Dies betreffe etwa Fragen der Frauenordination, die Frage des Umgangs mit Menschen in homosexuellen Partnerschaften und auch Themen, die sich so vor 60 Jahren noch nicht stellten wie etwa Fragen der Schöpfungsverantwortung angesichts der Klimakrise, Fragen der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz sowie des heute stärker werdenden "rechtskatholischen Moments", der danach trachte, "eine offene Kirche in eine geschlossene Gesellschaft zu verwandeln".
Auf Dauer könne sich die katholische Kirche gerade bei den "heißen Eisen" nicht einer lehramtlichen Entscheidung entziehen, zeigte sich Hoff überzeugt. "Und das bedeutet aus meiner Sicht, dass wir an einem Konzil auf Dauer nicht vorbeikommen - wenn es gut vorbereitet ist durch synodale Transformationsprozesse".
Bedeutende Konzilsdokumente
Zugleich unterstrichen die drei Theologen die Aktualität gerade der letzten Dokumente, die das Konzil in seiner letzten, vierten Session verabschiedet hat - darunter die drei laut Quast-Neulinger aufeinander bezogenen Dokumente "Gaudium et spes", "Dignitatis humanae" und "Nostra aetate". Während "Gaudium et spes" eine Art "hermeneutischen Schlüssel" zum gesamten Konzil darstellte und die "kopernikanische Wende" der kirchlichen Hinwendung zur Welt beschrieb, so seien die Dokumente über die Religionsfreiheit und den Dialog mit den nicht-christlichen Religionen Entfaltungen eben dieses neuen kirchlichen Verhältnisses zur Welt, erörterte die Innsbrucker Theologin. Insbesondere "Dignitatis humanae" sei heute von hoher Relevanz, da vielerorts Menschenrechte und Menschenwürde infrage gestellt würden. Dagegen müsse die Kirche immer wieder aufstehen und als Verteidiger der Menschenwürde auftreten, so Quast-Neulinger.
Der Kirchenhistoriker Winkler verwies indes auf eine direkte und konkrete Frucht dieses neuen Weltverhältnisses, die sich in der Ansprache von Papst Paul VI. am 4. Oktober 1965 vor der UNO in New York zeigte. Eine Premiere, die im Kontext von "Gaudium et spes" und "Dignitatis humanae" zu sehen sei, so Winkler: "Vor der UNO machte der Papst deutlich, dass die katholische Kirche bereit ist, international als globaler Akteur aufzutreten - aber anders als bisher, d.h. nicht mit einem Primatsanspruch, sondern im Sinne einer globalen Verantwortung". Dies sei ein Beispiel für ein sich unter modernen Vorzeichen wandelndes Selbstverständnis des Papsttums - und zugleich ein Zeichen für die Lernbereitschaft von Kirche.
(Weitere Meldungen und Hintergrundberichte zum Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 60 Jahren im Kathpress-Themenpaket unter www.kathpress.at/60-Jahre-Konzilsende)