Abtbischof Damianos hat zwölf oppositionelle Mönche aus dem Kloster geschmissen - Patriarch von Jerusalem verurteilt Vorgehensweise des Abtbischofs und fordert ihn auf, sich vor Bischofsversammlung in Jerusalem zu verantworten
Jerusalem/Kairo, 04.09.2025 (KAP) Der Streit zwischen dem Abtbischof des orthodoxen Katharinenklosters am Sinai, Damianos (Samartzes), und einem großen Teil der Mönche, wird immer undurchsichtiger und eskaliert weiter. Am Dienstag hat der orthodoxe Patriarch von Jerusalem, Theophilos III., den Abtbischof in einem Brief direkt angegriffen und ihn aufgefordert, am 8. September in Jerusalem vor einer Bischofsversammlung zu erscheinen und sich für sein Verhalten zu rechtfertigen. Der Abtbischof müsse sich für zahlreiche kirchenrechtliche und weitere Vergehen verantworten. Der Patriarch sprach von einem von Damianos verursachten Skandal, der sowohl das Kloster als auch die Kirche als ganze betreffe.
Der Patriarch forderte zudem den Abtbischof auf, alle Mönche, die er unrechtmäßig aus dem Kloster geworfen hatte, sofort wieder einzulassen und stattdessen andere Personen, die sich unrecht mäßig vor Ort aufhalten, des Klosters zu verweisen. Die Mönche forderte der Patriarch in einem weiteren offiziellen Schreiben vom gleichen Tag auf, Ruhe zu bewahren und das Klosterleben wieder aufzunehmen.
Am Dienstag waren Verhandlungen zwischen dem Abtbischof und den Mönchen nach langem Hin und Her erfolglos abgebrochen worden. Für die Gespräche waren eigens ein hochrangiger Politiker aus Athen und der griechische Botschafter in Ägypten in das Kloster gereist. Am 7. September hätte demnach laut Medienberichten bei einer Mönchsversammlung ein neuer Abt gewählt werden sollen. Damianos stimmte dem erst zu, zog seine Zustimmung aber schließlich wieder zurück.
Das Patriarchat von Jerusalem hatte sich schon zwei Tage zuvor ganz auf die Seite der aufsässigen Mönche gestellt, die das Patriarchat im Recht sieht. Wieder einige Tage zuvor (27. August) hatte der Abtbischof eine Videobotschaft veröffentlicht, in der er sich mit der Bitte um Schutz vor Mitbrüdern an Griechenland und Ägypten wandte. Erzbischof Damian erklärte, nach Zusammenstößen im Kloster sei sein Leben in Gefahr. In seinem Appell an die ägyptische Regierung fordert er sogar die Behörden auf, die Lieferung von Medikamenten, Lebensmitteln und anderen lebensnotwendigen Gütern sicherzustellen. Er beschuldigte "putschistische" Mönche, die örtliche Polizei beeinflusst zu haben. Diese blockiere die Versorgung des Klosters.
Unmittelbar danach veröffentlichte der Abt eine weitere Botschaft, der zufolge er am Nachmittag "mit dem Ziel der Versöhnung und des Dialogs mit der kleinen Gruppe rebellischer Mönche, bewaffnet mit Geduld und väterlicher Liebe" zum Kloster gereist sei. Er habe eine Versammlung verhindern wollen, auf der Mönche ohne seine Zustimmung die Verwaltungsvorschriften des Klosters ändern wollten. Dabei sei es zu Handgreiflichkeiten gekommen; einige Mönche hätten das Kloster verlassen oder seien hinausgeworfen worden. Nach diesem Vorfall sei eine Generalversammlung mit den im Kloster verbliebenen Mönchen abgehalten und ein neuer Klosterrat gewählt worden.
Ein völlig anderes Bild zeichneten die oppositionellen Mönche. Auch sie veröffentlichten ein Video der Ereignisse, in dem sie behaupteten, zwölf von ihnen seien gewaltsam außerhalb der Mauern zurückgelassen und gezwungen worden, die Nacht dort zu verbringen. Auch die ägyptische Polizei und Sicherheitskräfte vor dem Kloster hätten vergeblich versucht, ihnen Eintritt zu verschaffen.
Seit langem Spannungen
Spannungen zwischen dem Abtbischof, der sich seit längerer Zeit nicht mehr permanent im Kloster aufhielt, und Teilen der Bruderschaft gab es schon länger. Der Punkt, der das Fass zum Überlaufen brachte, war laut dem KNA-Hintergrunddienst ein Gesetzentwurf des griechischen Bildungsministeriums, der die Präsenz des Klosters in Griechenland betrifft. Dabei geht es auch um die Verwaltung des nicht unbedeutenden Klostervermögens in Griechenland.
Ende Juli hatte eine Gruppe von Mönchen den 91-jährigen Abt des Katharinenklosters für abgesetzt erklärt und darüber in einem offiziellen Schreiben auch den Jerusalemer Patriarchen Theophilos III. in Kenntnis gesetzt. Der Abt wiederum veröffentlichte ebenfalls eine Erklärung, in der er mit den abtrünnigen Mönchen hart ins Gericht ging. Er sprach von einem unrechtmäßigen Vorgehen bzw. sogar von einem "Putsch" der Mönche, die damit dem Kloster schwer schaden würden. Zudem kündigt der Abt eine Bestrafung seiner Mitbrüder an und appellierte an das Patriarchat von Jerusalem, in der Causa tätig zu werden. Abt Damianos steht dem Kloster seit 52 Jahren vor. Er ist der einzige Mönch mit ägyptischer Staatsbürgerschaft.
Erste Vermittlungsversuche vonseiten des Patriarchats von Jerusalem gab es am 7. August in Athen und am 11./12. August im Sinai-Kloster. Offiziell hieß es anschließend, alle strittigen Fragen sollten gemäß der Satzung auf der bevorstehenden Generalversammlung geprüft und die Entscheidungen im Geiste der Einheit und unter Einhaltung der kirchenrechtlichen Vorgaben getroffen werden. An der genannten Generalversammlung konnten allerdings die oppositionellen, sich vor dem Kloster befindenden Mönche nicht teilnehmen, weswegen der Streit weitergeht.
Bedeutendes orthodoxes Kloster
Das Katharinenkloster besitzt kirchenrechtlich autonomen Status, gehört aber letztendlich zur Jurisdiktion des orthodoxen Patriarchats von Jerusalem. Insofern ist der Patriarch auch oberste Instanz in Streitfragen wie der aktuellen. Theophilos III. bekräftigte in einer Erklärung, dass das Patriarchat von Jerusalem die entsprechenden kirchlichen Verfahren einleiten werde.
Das Katharinenkloster befindet sich in einer schwierigen Situation. Hintergrund ist eine seit 2012 andauernde Auseinandersetzung mit ägyptischen Behörden um Besitzrechte des Klosters am Fuß des Berges, auf dem Mose nach biblischer Überlieferung die Zehn Gebote empfing.
Das von Kaiser Justinian I. (527-565) erbaute Kloster beansprucht seit jeher einen Sonderstatus. Seine Selbstbezeichnung lautet "Heiliges autonomes königliches St.-Katherinen-Kloster des heiligen, von Gott betretenen Berges Sinai". Es hat seit 2002 Weltkulturerbe-Status und beherbergt eine einzigartige Sammlung alter Handschriften und Ikonen.