Traditionsreiche Augustiner-Chorherren-Abtei hat einige der Maßnahmen eines Aktionsplans gegen Missbrauch umgesetzt
Saint-Maurice/Zürich, 03.09.2025 (KAP/KATH.CH) Die Augustiner Chorherren von Saint-Maurice in der Westschweiz wählen Mitte September den Nachfolger von Jean Scarcella (73). Dieser war im Juni nach der Publikation eines Berichts über sexuelle Gewalt im Umfeld der traditionsreichen Abtei zurückgetreten. Die Abtei hat unterdessen einige der Maßnahmen des damals angekündigten Aktionsplans gegen Missbrauch umgesetzt.
Die Wahl des künftigen Abtes werde gemäß den für die Gemeinschaft geltenden und durch das kanonische Recht bestätigten Verfahren durchgeführt, teilte die Abtei mit. Der Abtprimas der Konföderation der Augustiner Chorherren, Hugues Paulze d'Ivoy, wird die Gemeinschaft demnach bei der Wahl begleiten. Das Kloster Saint-Maurice ist eine Territorialabtei, der Abt ist jeweils auch Mitglied der Schweizer Bischofskonferenz.
Vergangene Woche haben sich die Chorherren im Rahmen einer Begegnung getroffen, um sich gemeinsam über das Profil ihres künftigen Abtes auszutauschen und die brüderlichen Bande innerhalb der Gemeinschaft zu stärken - wie ihnen auch von der Arbeitsgruppe empfohlen worden sei. Gemeint sind die Empfehlungen der Arbeitsgruppe von Historikerinnen und Juristen, die im Juni den Bericht zum Missbrauch im Umfeld der Abtei Saint-Maurice veröffentlicht hatten.
"Wir versuchen schrittweise, einen Kulturwandel herbeizuführen, indem wir die Entstehung solcher Räume fördern, in denen offen und frei gesprochen wird", lässt sich Simone Previte in der Mitteilung vom 2. September zitieren. Previte ist seit rund vier Monaten Prior der Abtei und aktuell auch Kapitularvikar.
Chorherren besuchen Präventions-Ausbildungen
Die Abtei informierte am Dienstag zudem über getroffene Maßnahmen zur Umsetzung des im Juni angekündigten Aktionsplanes, mit dem sie künftig sexuellen Missbrauch und dessen Vertuschung verhindern will. Ab Oktober wird demnach ein Chorherr eine Ausbildung in Paris absolvieren. Der Studiengang "Missbrauch und respektvoller Umgang: Zuhören, begleiten, vorbeugen" wird vom Katholischen Institut von Paris (ICP) und dem Westschweizer katholisch-kirchlichen Berufsbildungszentrum (CCRFE) gemeinsam angeboten. Zudem würden alle Chorherren verpflichtend eine auf die Prävention von Missbrauch und die Begleitung von Opfern spezialisierte Ausbildung besuchen.
In der Entstehung begriffen ist das ebenfalls im Juni angekündigte neue Gremium namens "Commission de conseil en gouvernance", das den Aktionsplan umsetzen soll. Präsidentin wird Mari Carmen Avila. Sie ist Beauftragte für Prävention in der Diözese Lausanne, Genf und Fribourg und seit Anfang Jahr auch Fachmitarbeiterin bei der "Nationalen Dienstelle Missbrauch im kirchlichen Kontext". Sie gehört der Gemeinschaft der gottgeweihten Frauen des Regnum Christi in der Schweiz an, der Laienorganisation der Legionäre Christi.
Zudem hätten bereits mehrere Personen grundsätzlich ihr Einverständnis für eine Mitarbeit in der Kommission gegeben, so die Mitteilung. Im Herbst wird die definitive Besetzung des Gremiums stehen.
Zuletzt keine neuen Meldungen
Seit Veröffentlichung des Untersuchungsberichts seien der unabhängigen Arbeitsgruppe keine neuen Meldungen über noch aktive Kanoniker zugegangen, schrieb das Kloster. Die Abtei ermutige Opfer und Zeugen, sich bei der Betroffenenorganisation "Groupe Sapec" und der unabhängigen Westschweizer Kommission Cecar zu melden.
Intern verfolge die Gemeinschaft einen "Weg des Wiederaufbaus im Geiste der Brüderlichkeit, des gegenseitigen Zuhörens und des Wohlwollens", hieß es in der Mitteilung weiter. So würden konkrete Schritte unternommen, um die gemeinschaftlichen Bindungen zu pflegen und die von dieser Krise betroffenen Menschen zu unterstützen.
Die Chorherren von Saint-Maurice hätten sich auf einen anspruchsvollen, aber notwendigen Weg begeben, so Prior Previte in der Mitteilung. "Es geht nicht nur darum, Wiedergutmachung zu leisten, sondern auch darum, die Kultur zu verändern, die unser Zusammenleben in der Gemeinschaft und unser Sein in der Kirche und in der Welt bestimmt."
Abtei Saint-Maurice muss nach Bericht einer von Augustiner-Chorherren beauftragten unabhängigen Untersuchungskommission Dutzende Missbrauchsfälle einräumen