Italiens Bischöfe: Regierungspläne zu Regionen gleichen Suizidbeihilfe
26.08.202515:59
Italien/Politik/Regierung/Bevölkerung/Kirche
Scharfe Kirchenkritik am Umgang mit strukturschwachen Gemeinden und Forderung von Gegenmaßnahmen
Rom, 26.08.2025 (KAP) Italienische Bischöfe haben den politischen Umgang mit manchen abgelegenen Gebieten des Landes als "assistierten Suizid" bezeichnet. In einem Offenen Brief (Dienstag) kritisieren sie Pläne der Regierung in Rom, besonders strukturschwache Gemeinden begleitend aufzugeben. Bislang 139 Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte unterschrieben den Brief an Regierung und Parlament.
Mitte April hatte das zuständige Ministerium einen überarbeiteten Strategieplan zum Umgang mit sogenannten Binnengebieten veröffentlicht. Darin enthalten sind vier Kategorien zur Klassifizierung betroffener Gemeinden, darunter solche mit mutmaßlich "unumkehrbarer Entvölkerung".
Diese Gebiete mit geringen Aussichten auf wirtschaftliche Entwicklung und schwacher Attraktivität könnten sich nicht das Ziel einer Trendumkehr setzen, dürften aber auch nicht einfach sich selbst überlassen werden, heißt es in dem Papier. "Sie brauchen einen gezielten Plan, der sie auf ihrem Weg von chronischem Rückgang und Überalterung unterstützt, damit dieser für die noch dort lebenden Menschen sozial vertretbar bleibt."
Diese Gebiete "mit dem gleichen Geist zu betrachten, mit dem man sich an das Bett eines Sterbenden setzt, wäre - neben einem Zeichen schwerer politischer Kurzsichtigkeit, auch ein Unrecht gegenüber der ganzen Nation", schreiben die Bischöfe dazu. Denn ein Gebiet ohne Menschen sei den Naturgewalten stärker ausgesetzt und begünstige das Risiko neuer und immer größerer Umweltkatastrophen. Zudem steige die Gefahr, einen Teil des riesigen künstlerischen und architektonischen Erbes zu verlieren, das ganz Italien zu einem regelrechten Freilichtmuseum mache.
Als Bischöfe vieler fragiler und verlassener Gemeinden könnten und wollten sie sich nicht mit der Perspektive abfinden, die der Strategieplan andeute, schreiben sie in dem Offenen Brief. "Wir fordern die politischen Kräfte und die beteiligten Akteure auf, verantwortungsbewusst und mit mehr politischem und sozialem Optimismus bewährte Praktiken und Ressourcen vor Ort zu fördern und zu unterstützen", so die Bischöfe.
Wirtschaftliche Anreize und Steuererleichterungen sollten eine Rückwanderung erleichtern. Weitere Lösungsansätze seien etwa flexibles Arbeiten, landwirtschaftliche Innovationen, nachhaltiger Tourismus, Sanierung verlassener Dörfer, Ausbau des Breitbandnetzes sowie Gesundheitsversorgung etwa durch Telemedizin. Statt zu enden, könnte das Leben an diesen Orten so eine höhere Qualität annehmen, heißt es in dem Brief, der mit einem Gesprächsangebot an die verantwortlichen Politiker schließt.