Streit um deutsche Richterwahl: Bischof verteidigt Predigt
16.07.202511:47
Deutschland/Kirche/Justiz/Schwangerschaftsabbruch
Bamberger Bischof Gössl sieht sich nach Kritik an Haltung von SPD-Kandidatin zum Lebensrecht missverstanden
Bamberg, 16.07.2025 (KAP/KNA) In Deutschland ist nach einer mit viel Aufsehen im Bundestag gescheiterten Wahl von drei neuen Verfassungsrichtern für Karlsruhe auch die Kirche Teil der Debatte geworden. Im Mittelpunkt steht die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf, die von der SPD für das Amt einer Bundesverfassungsrichterin vorgeschlagen wurde. Nach der gescheiterten Wahl am vergangenen Freitag und massiver Kritik, auch von kirchlicher Seite, hat sich der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl zu Wort gemeldet - und sieht sich selbst missverstanden.
In einem am Mittwoch veröffentlichten Statement der Erzdiözese Bamberg bedauerte Gössl, dass seine Predigt vom vergangenen Wochenende instrumentalisiert worden sei, um Brosius-Gersdorf oder das Ansehen des Bundesverfassungsgerichts zu beschädigen. "Ich habe niemals ihre juristische Kompetenz oder persönliche Integrität in Zweifel gezogen", so der Erzbischof. Vielmehr habe er anhand des aktuellen politischen Geschehens die Frage nach Verantwortung vor Gott thematisieren und aufzeigen wollen, welche Folgen es für die Gesellschaft habe, wenn diese abhandenkomme.
Schon zuvor hatte Bischof Gössl in einem Interview mit der "Welt" Brosius-Gersdorfs Haltung in der Abtreibungsfrage kritisiert und erklärt, dass er es begrüßen würde, wenn ihre Kandidatur zurückziehe. Dass sie sich beim Lebensrecht für eine Abstufung einsetze, stehe "völlig konträr zur Auffassung der katholischen Kirche", weshalb er hier "wenig Kompromissmöglichkeit" sehe.
Brosius-Gersdorf wies die Kritik von Gössl zurück. Der Bamberger Erzbischof habe ihr Intoleranz und Menschenverachtung vorgeworfen, was sie "infam" finde, so die Juristin am Dienstagabend in der ZDF-Sendung "Markus Lanz". Sie erklärte zudem, sie habe sich nie für eine Legalisierung von Abtreibungen bis zur Geburt ausgesprochen, sondern trete nur für eine rechtliche Legalisierung in der Frühphase der Schwangerschaft ein. Es handle sich um einen "hochsensiblen Güterkonflikt" zwischen den Grundrechten der Frau und des ungeborenen Kindes, so die Verfassungsrechtlerin.
Als entscheidend für die Auflösung dieses Güterkonflikts wertete Brosius-Gersdorf, "dass die Grundrechte des Embryos und die Grundrechte der Frau nicht in allen Phasen der Schwangerschaft gleich zu gewichten waren. Sondern dem Lebensrecht des Embryos habe ich in der Frühphase der Schwangerschaft ein geringeres Gewicht in der Gegenüberstellung mit den Grundrechten der Frau beigemessen und in den späteren Phasen ein höheres."
Die SPD will auch nach dem Scheitern der Abstimmung an ihrer Kandidatin festhalten und drängt auf eine erneute Wahl nach der Sommerpause Ende August. Von CDU/CSU kommen hingegen Forderungen, eine alternative Kandidatur zu prüfen. Brosius-Gersdorf selbst schloss einen Rückzug nicht grundsätzlich aus, sollte ihre Nominierung das Bundesverfassungsgericht beschädigen.