Wiener Experte in "katholisch.de"-Gastbeitrag: Wenn Katholiken "kleinlaut bleiben, sich wegducken oder schweigen, werden Kruzifixe und Kreuze im öffentlichen Raum nach und nach verschwinden. Nicht nur in Bayern."
Wien/München, 14.07.2025 (KAP) Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück vermisst den kirchlichen Aufschrei angesichts des jüngsten Kreuz-Urteils des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs. Gerade von den "mündigen Laien" hätte er sich einen lauteren Einspruch gegen das Urteil erhofft, schreibt Tück in einem Gastbeitrag am Montag auf "katholisch.de": "Es braucht gläubige Menschen, die werbend für ihren Glauben an die rettende und versöhnende Kraft des Kreuzes einstehen. Gerade in Zeiten wachsender religiöser Indifferenz und anhaltender Säkularisierung." Wenn diese kleinlaut bleiben, "sich wegducken oder schweigen, werden Kruzifixe und Kreuze im öffentlichen Raum nach und nach verschwinden. Nicht nur in Bayern", mahnte der Theologe.
In der Vorwoche hatte der Bayrische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass ein Kreuz im Eingangsbereich einer staatlichen Schule in Bayern die Religionsfreiheit von Schülern verletze. Zwei ehemalige Schülerinnen hatten dagegen geklagt, dass während ihrer Schulzeit ein 150 Zentimeter hohes und 50 Zentimeter breites Holzkreuz mit einem gekreuzigten Christus im Haupteingangsbereich ihres Gymnasiums angebracht war. Der Verwaltungsgerichtshof entschied daraufhin, dass die Schule "verpflichtet gewesen wäre, das Kruzifix zu entfernen". Er sah in der "Konfrontation mit dem Kruzifix als religiösem Symbol einen Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgte negative Glaubensfreiheit".
Es gelte festzuhalten, dass das Kreuz "anstößig" bleibt - und zwar über die bloße "geschichtlich-kulturelle Bedeutung des Kreuzes für Bayern" hinaus: "Das Kruzifix macht öffentlich, was gerne klein gehalten wird. Es stellt das Leiden Unschuldiger und Entrechteter aus und ruft zu Mitleid und Solidarität mit den Benachteiligten auf. So steht es gegen kalte Gleichgültigkeit und satte Leidunempfindlichkeit. Vor dem Kreuz endet die Bagatellisierung des Bösen. Es ist Spiegel der Fehlbarkeit und lädt zu einer Kultur der Vergebung ein." Damit stehe es gegen eine "um sich greifende Rechthaberei, die andere niedermacht, um selbst besser dazustehen", so Tück.
Gewiss sei das Urteil der bayrischen Richter zu respektieren, es provoziere aber Rückfragen, betonte der Theologe: "Wird hier die negative Religionsfreiheit - das Recht, kein religiöses Bekenntnis zu haben - nicht über die positive Religionsfreiheit gestellt - das Recht, seinem religiösen Bekenntnis öffentlichen Ausdruck zu verleihen?" Habe das Urteil daher nicht ein "laizistisches Gefälle, wenn es Konflikte um religiöse Symbole durch deren Verbannung aus dem öffentlichen Raum zu lösen versucht?" Letztlich laufe es auf eine "Privilegierung der Religionslosen" hinaus, "wenn es einer kleinen Minorität gegen die Mehrheitskultur Recht gibt".
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