Koptischer Priester: Lage der Christen in Ägypten hat sich verbessert
15.07.202508:18
Österreich/Ägypten/Kirche/Religionsfreiheit
Koptisch-katholischer Priester und Theologe Kamil Samaan in ICO-Magazin: Seit der Machtübernahme von Staatspräsident al-Sisi haben Christen u.a. bessere Chancen auf höhere Ämter im Staatsdienst, in der Armee und an Universitäten - In ägyptischer Bevölkerung aber weiterhin Vorbehalte gegen die Christen
Kairo/Linz, 15.07.2025 (KAP) Die Lage für die christliche Minderheit in Ägypten hat sich nach den Worten des koptisch-katholischen Priesters Kamil Samaan in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Freilich noch mit genügend Luft nach oben. Samaan äußert sich in einem Beitrag in der aktuellen Ausgabe des Magazins "Information Christlicher Orient": Maximal 12 Prozent der 110 Millionen Menschen im Land am Nil sind Christen. Die meisten von ihnen gehören der Koptisch-orthodoxen Kirche an. Nur rund ein Prozent sind Mitglieder der mit Rom unierten Koptisch-katholischen Kirche. Pfarrer Samaan beziffert die Gläubigen mit etwa 300.000.
Im sunnitisch geprägten Ägypten wurden andersgläubige Bürger - ob schiitische Muslime oder Christen diverser Konfessionen - im täglichen Leben und vom Staat weithin diskriminiert. Pfarrer Samaan betont im Gespräch jedoch ausdrücklich, dass sich die Situation seit der Machtübernahme von Staatspräsident Abd al-Fatah al-Sisi verbessert habe.
Lange Zeit hätten Christen im Staatsdienst, in der Armee und an Universitäten schlechte Chancen gehabt. Inzwischen würden auch etliche Christen höhere Posten an Gerichten und als Gouverneure bzw. Bürgermeister bekleiden. Der oberste Richter des Verfassungsgerichtshofs sei Christ, eine Christin gehöre der Regierung an. Die Möglichkeit zum Bau neuer Kirchen sei nun gesetzlich festgeschrieben worden. Bei der Errichtung neuer Stadtviertel müssten Grundstücke für Kirchen reserviert werden, generell seien Formalitäten vereinfacht worden.
Zwar hätten Christen nun Zugang zu höheren Posten, so Pfarrer Samaan, doch in der ägyptischen Bevölkerung sei weiterhin die Auffassung sehr verbreitet, dass die Muslime laut Koran den Christen "überlegen" seien. Nach dieser Interpretation "sind wir Christen Bürger zweiter Klasse". Christliche NGOs würden immer wieder berichten, dass Konvertiten Gewalt ausgesetzt seien, auch durch die eigenen Verwandten.
Verbesserte ökumenische Beziehungen
Zu den Beziehungen zwischen der Koptisch-orthodoxen und Koptisch-katholischen Kirche und oftmals kolportierten Spannungen befragt, ortete Samaan positive Fortschritte. Unter dem koptisch-orthodoxen Patriarchen Tawadros II. sei "das Verhältnis" zwischen beiden Gemeinschaften "viel besser als früher". Der Geistliche betonte: "Freundschaften sind sehr wichtig." Er selbst habe auch gute persönliche Kontakte: "Wir schätzen uns gegenseitig."
Übertritte von Gläubigen zwischen den beiden koptischen Kirchen gebe es "in beide Richtungen", kommentierte Pfarrer Samaan Berichte, wonach die Katholiken in Ägypten Gläubige an die Orthodoxen verlieren. Dank ihrer höheren Zahl verfügen letztere über ein stärkeres pastorales Netzwerk.
Schulen, Spitäler, Soziales
Hohes Ansehen genießt die Koptisch-katholische Kirche im Schul- und im Gesundheitswesen. Die 185 Schulen hoher Qualität, in ganz Ägypten verstreut, stünden auch Muslimen offen, so der Geistliche. Im Durchschnitt würden dort 70 Prozent muslimische und 30 Prozent christliche Kinder unterrichtet. Nach den Worten von Pfarrer Samaan besuchen Kinder von Ministern und hohen Funktionären diese Schulen. Das fördere "ein besseres Zusammenleben in der Zukunft".
Auch die kirchlichen Spitäler verfügen über Ambulanzen und Krankenstationen, die laut Samaan "für alle offen" sind. In den neun Diözesen der Koptisch-katholischen Kirche gebe es auch viele Einrichtungen für soziale Projekte und weitere Initiativen, die auch von vielen Muslimen besucht würden: "Das hilft, Brücken zu bauen."
Samaan ist Professor für Altes Testament. Er unterrichtet in Kairo und gibt Online-Kurse für eine internationale Hochschule in Erbil im Nordirak. Er hielt sich vor Kurzem auf Einladung des Hilfswerks "Kirche in Not" in Österreich auf.
Das Magazin "Information Christlicher Orient" wird vom Linzer Hilfswerk "Initiative Christlicher Orient" (ICO) herausgegeben. (Infos: www.christlicher-orient.at)