Lackner: Franziskus hinterließ der Kirche "Leuchttürme"
22.04.202510:53
(zuletzt bearbeitet am 22.04.2025 um 11:02 Uhr)
Österreich/Papst/Kirche/Lackner
Bischofskonferenz-Vorsitzender in ORF-Interview: Verstorbener Papst setzte Grundpfeiler für eine "Weite, innerhalb der sich die Kirche als Institution bewegt" und schloss niemanden aus - Innsbrucker Diözesanbischof Glettler: "Es bleibt ein Auftrag an die ganze Kirche" - Bischof Schwarz: "Franziskus hat ganze Welt im Blick gehabt"
Salzburg, 22.04.2025 (KAP) Papst Franziskus hat mit seinem zwölfjährigen Pontifikat aus Sicht des Salzburger Erzbischofs Franz Lackner eine "Kirche für alle" vertreten. Die Gesten und Worte, die er hinterlassen habe, seien "Leuchttürme, die der Kirche noch lange den Weg weisen werden", befand der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz am Ostermontag in einem ORF-Interview für die ZIB2-Sondersendung anlässlich des Todes des Papstes am Morgen desselben Tages. "Was Franziskus getan hat, war bahnbrechend - wie er das Evangelium zu den Menschen gebracht hat, wie er bei den Menschen war", so Lackner.
Nachhaltig verändert habe Franziskus das Bild der Kirche durch seine Schreiben "Amoris laetitia" und "Fratelli tutti", mit denen bleibende "Grundpfeiler" gesetzt worden seien. "Amoris laetitia trägt den Seelsorgerinnen und Seelsorgern auf, dem Einzelnen bestmöglich entgegenzugehen - niemanden auszuschließen. Und Fratelli tutti ruft in Erinnerung: Wir alle sind Geschwister - auch die, die als 'böse' gelten. Diese beiden Orientierungspunkte markieren eine Weite, innerhalb der sich die Kirche als Institution bewegt", so der Erzbischof.
Zugleich habe Franziskus "nie ein leichtes Christsein verkündet". Zentral sei für ihn gewesen, dass das Christentum und die Kirche geistlich motiviert sein müssten. Maßnahmen der Gleichstellung allein sei ihm zu wenig gewesen. Dies gelte es angesichts der Enttäuschungen mancher in Reformfragen ebenso mitzubedenken wie die Tatsache, dass die weltweite Kirche "kein Schnellboot, sondern ein Hochseeschiff" sei und ein schneller Wandel nicht realistisch sei. Lackner: "Wir müssen lernen, mit offenen Fragen zu leben - auch wenn sie berechtigt sind."
Über den letzten öffentlichen Auftritt des Papstes zum Ostersegen "Urbi et orbi" zeigte sich der Vorsitzende der Bischofskonferenz bewegt. Franziskus' "Bemühen, ein Segenszeichen zu geben, obwohl es ihm sichtlich schwerfiel", habe ihn tief betroffen gemacht. "Ich bin vor dem Fernseher niedergekniet und war dankbar, noch einmal seinen Segen zu empfangen - für mich und auch für die Diözese." Dass es möglicherweise der letzte öffentliche Auftritt des schwerkranken Papstes gewesen sein könnte, habe er nicht gedacht, die Todesnachricht am Folgetag habe ihn überrascht, so Lackner.
Dass Franziskus trotz gesundheitlicher Schwäche bis zuletzt im Amt blieb, statt zurückzutreten, ist aus Sicht des Erzbischofs kein Widerspruch. Eine pauschale Antwort darauf, wie damit umzugehen sei, könne man seit Papst Benedikt XVI. nicht mehr geben. Eine Botschaft vermittle ein Papst jedenfalls auch durch seinen Umgang mit dem Alter. "Die Kirche zeigt: Auch die Schwächen des Alters haben Würde und Wert." Als Papst Johannes Paul II. zu seinem letzten Osterfest 2005 ebenfalls schwer erkrankt noch einmal auftrat, habe das viele Menschen bewegt - auch seine eigene, etwa gleich alte Mutter, berichtete Lackner: "Sie hat Kraft daraus gezogen."
Bedauern äußerte der Bischofskonferenz-Vorsitzende darüber, dass die erhoffte Nachbesetzung für den im Jänner in den Ruhestand getretenen Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, bislang nicht erfolgt sei. "Es hätte gut gepasst, wenn Papst Franziskus diese Ernennung noch selbst vorgenommen hätte." Warum das nicht geschehen ist, wisse man nicht - "offenbar gab es Schwierigkeiten", so Lackner. Die lange Sedisvakanz sei für Österreichs größte Diözese eine Herausforderung, aber keine Bedrohung ihrer Handlungsfähigkeit. "Die Kirche ist so strukturiert, dass sie auch in solchen Situationen weiterarbeitet. Wir haben einen sehr fleißigen Administrator, der vieles abdecken kann - aber natürlich fehlt der Erzbischof."
Ob nach Franziskus erneut ein Papst aus Lateinamerika oder einem anderen Land aus dem Süden gewählt werde, könne er nicht voraussagen, sagte der Erzbischof. "In der Trauer fällt es schwer, über eine Nachfolge zu sprechen. Aber ich glaube - ins Dunkel gedacht -, dass es wieder jemand aus dieser Region sein könnte."
Glettler: "Es bleibt ein Auftrag an die ganze Kirche"
Für den Innsbrucker Diözesanbischof Hermann Glettler bleibt auch nach dem Tod von Papst Franziskus dessen Auftrag zu Dezentralisierung und Öffnung der Kirche bestehen: Der Auftrag "an die ganze Kirche, den geistvollen und zugleich menschennahen Weg von Franziskus fortzusetzen", bleibe, sagte Glettler im Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" (TT, Ausgabe 22. April). So habe der "Papst aus Lateinamerika" der "auf europäische Probleme fixierten Kirche eine Weitung ihrer Resonanzräume verordnet".
Auch die Weltkirche habe sich während des zwölfjährigen Pontifikats von Franziskus tatsächlich zur Weltkirche gewandelt - "wahrnehmbar als Gemeinschaft von Ortskirchen mit eigenen kulturellen Profilen". Inklusion sei gestärkt, aber Ausgrenzung hinterfragt und reduziert worden: "Hoffentlich geht dieser Weg einer vertrauensvollen Dezentralisierung weiter", so Gletter im TT-Interview wörtlich.
Der Innsbrucker Diözesanbischof würdigte Franziskus Pontifikat auch als Zeit eines inneren und äußeren Kulturwandels: "Weg von der Belehrung hin zu einer mitsorgenden und mitleidenden Kirche, weg von moralischer Überlegenheit hin zu einer Suche nach einem guten und würdigen Leben für alle." Glettler zeigte sich, ob einer "voreiligen Bilanz" über das Wirken dieses prophetischen Papstes aber noch vorsichtig. Denn: "Vieles, was Papst Franziskus angeregt und vorangetrieben hat, wird sich erst zeigen."
Mit Blick auf das kommende Konklave meinte Glettler, Franziskus habe Vorsorge dafür getroffen, "dass es keinen Eurozentrismus mehr geben kann". 109 der 135 wahlberechtigten Kardinäle seien von ihm ernannt worden. "Katholisch heißt ja übersetzt Weite und Tiefe, nicht Enge", so der Bischof. Der "evangeliumsgemäße Stil" von Franziskus werde daher auch das Konklave prägen, zeigte sich Glettler überzeugt. Als künftigen Papst hält Glettler sowohl Kandidaten aus Afrika als auch aus Asien für denkbar: "Ich vertraue darauf, dass letztlich nicht kirchenpolitische Wunschvorstellungen wahlentscheidend sein werden, sondern Gottes Geist."
Dass Österreich bei der Papstwahl nicht vertreten ist, bezeichnete Glettler als "leicht verkraftbaren Schmerz". Entscheidend sei, "dass eine Person gewählt wird, die sich der globalen Verantwortung bewusst ist und die Freude der österlichen Botschaft ausstrahlt".
Bischof Schwarz: "Franziskus hat ganze Welt im Blick gehabt"
Am Abend des Todestages von Papst Franziskus hat der St. Pöltner Bischof Alois Schwarz über das Erbe des Papstes "von der anderen Seite der Welt" Resümee gezogen. Franziskus habe die ganze Welt im Blick gehabt, betonte Schwarz im Interview mit noe.orf.at am Abend vom Ostermontag. Er sei in den arabischen Raum und andere Länder gereist, "die politisch unheimlich schwierig sind". Franziskus sei es "sehr nahe" gegangen, wenn Menschen und Länder im Krieg miteinander waren. Was von ihm bleibe, sei die Sorge um die Welt und die Frage, wie Frieden geschaffen werden kann.
Auch seine bedingungslose Menschenliebe bleibe ein Vermächtnis, fuhr Schwarz fort. Ob Frauen, Männer, Priester, Diakone, religiöse Menschen oder Menschen ohne Glauben, "er war ein Mensch für die Menschen, für jeden". Er habe sich zunächst immer gesorgt, wie es einem anderen geht, und erst, wenn er darum gebeten wurde, von Gott und Jesus erzählt. "Aber zuerst hat er Liebe gelebt. Und wenn das bleibt, dann hat die Welt von ihm sehr viel gelernt", hielt Schwarz fest.
Über einen Nachfolger von Papst Franziskus und dessen mögliche Herkunft wollte der St. Pöltner Bischof nicht spekulieren. Der aus Argentinien kommende Papst Franziskus sei "eine Überraschung für die Welt" gewesen. "Und ich traue dem Heiligen Geist zu, dass er die Welt wieder überrascht, mit einem aus dem Kreis der Kardinäle, der die Kirche gut führen wird", so Schwarz.