Österreichischer "Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit": "Mit großer Dankbarkeit erinnern wir uns an sein weichenstellendes Wirken im christlich-jüdischen Dialog" - Erklärung geht auch auf Schatten zwischen Judentum und Vatikan ein - Europäische Rabbiner würdigten Papst für unermüdliches Engagement
Wien, 22.04.2025 (KAP) Mit großer Dankbarkeit und tiefer Trauer hat der österreichische "Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit" auf den Tod von Papst Franziskus reagiert. "Mit großer Dankbarkeit erinnern wir uns an sein weichenstellendes Wirken im christlich-jüdischen Dialog", heißt es in einer am Dienstag in Wien veröffentlichten Erklärung, die von Präsident Martin Jäggle, den Vizepräsidentinnen Margit Leuthold und Willy Weisz sowie Geschäftsführer Yuval Katz-Wilfling unterzeichnet ist. Papst Franziskus war am Ostermontag im Alter von 88 Jahren verstorben. Vertreter jüdischer Organisationen in Europa und weltweit würdigten ihn übereinstimmend als "Freund der jüdischen Gemeinschaft" und "Bruder Franziskus".
Schon die Wahl von Jorge Mario Bergoglio zum Papst habe man begrüßt - nicht zuletzt wegen seiner engen Beziehungen zu jüdischen Gemeinden und Persönlichkeiten in seiner argentinischen Heimat, heißt es vonseiten des Koordinierungsausschusses. So sei etwa die langjährige Freundschaft des Papstes mit dem argentinischen Rabbiner Abraham Skorka, mit dem er schon als Erzbischof von Buenos Aires theologische Gespräche führte und gemeinsam publizierte, beispielhaft für das "gemeinsame Unterwegssein als Freunde", zitiert die Erklärung den US-Theologen Phil Cunningham. Weiters soll Franziskus schon am Tag seiner Wahl "seinem neuen Nachbarn" Riccardo Di Segni, dem Oberrabbiner von Rom, einen persönlichen Brief geschrieben haben.
Auch eine typische "Franziskus-Geste" des verstorbenen Papstes ist beim Koordinierungsausschuss in Erinnerung geblieben: Bei einer Audienz im Rahmen der Jahrestagung des Internationalen Rates der Christen und Juden (ICCJ) 2015 in Rom habe Franziskus darauf bestanden, jedem einzelnen Teilnehmenden persönlich die Hand zu schütteln - entgegen dem offiziellen Protokoll.
Theologische Weichenstellungen habe der Papst etwa durch sein Schreiben "Evangelii gaudium" und weitere kirchliche Dokumente vorgenommen, die den christlich-jüdischen Dialog vertieft hätten. So betonte er, dass christliche Theologie ohne Gespräch mit jüdischer Theologie nicht angemessen betrieben werden könne, da das Christentum bleibend auf das Judentum verwiesen sei. Mit Bezug auf das Konzilsdokument "Nostra Aetate" habe Franziskus deutlich gemacht: "Der Dialog und die Freundschaft mit den Kindern Israels gehören zum Leben der Jünger Jesu."
Kritik und Schatten
Die Erklärung des Koordinierungsausschusses verweist aber auch auf Schatten, die zuletzt auf das Verhältnis zwischen Judentum und Vatikan fielen: "In der letzten Zeit überschattete die lange ausbleibende Verurteilung des Hamas-Gemetzels vom 7. Oktober 2023" das Bild. In seiner Biografie "Hoffe" (Dezember 2024) habe Franziskus allerdings dazu "deutliche Worte" gefunden, hieß es.
Abschließend hält die Erklärung fest: "Der Ostermontag ruft Christinnen und Christen dazu auf, weiter über den Horizont hinaus auf das Leben zu schauen, das von Gott gegeben ist. Deshalb sind Christen getrost im Glauben, dass Papst Franziskus in den Trost der Auferstehung bei Gott hinein gestorben ist."
"Freund der jüdischen Gemeinschaft"
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sprach noch am Ostermontag von Franziskus als einem "Freund der jüdischen Gemeinschaft". "Möge seine entschiedene Haltung gegen Antisemitismus, die er noch am gestrigen Ostersonntag klar formuliert hat, auch in Zukunft die katholische Kirche und die gesamte Weltgemeinschaft leiten", erklärte er.
Noch am Ostersonntag hatte sich der Papst der Öffentlichkeit auf dem Petersplatz gezeigt und den Segen erteilt. In seiner Osterbotschaft kritisierte er Antisemitismus sowie den Krieg im Gazastreifen.
Europäische Rabbiner würdigten den Papst für ein unermüdliches Engagement "für den Frieden und den guten Willen in der Welt". Der Präsident der orthodox geprägten Konferenz Europäischer Rabbiner (CER), Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, übermittelte dem Heiligen Stuhl die tiefe Trauer der Konferenz. Sie vertritt als Europäisches Rabbinat nach eigenen Angaben rund 1.000 Mitglieder und 800 aktive Rabbiner sowie damit die größten jüdischen Gemeinden Europas.
Auch Auschwitz-Überlebende bezeichneten den verstorbenen Papst als "Bruder Franziskus". In aller Welt verabschiedeten sich Auschwitz-Überlebende mit großer Wehmut, Zuneigung und Anerkennung, so der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, Christoph Heubner. Franziskus sei für Überlebende ein Mensch gewesen, dem sie tiefes Vertrauen entgegengebracht hätten, weil er einer oft gleichgültigen und ungerechten Welt den Spiegel vorgehalten habe.