Lutherischer Bischof im Kathpress-Interview: Vor Nationalratswahl bei Politikern viel Verständnis, jetzt davon nichts mehr übrig - Österreich braucht Karfreitag aus vielerlei Gründen - Kirchensportler laden zum Innehalten ein
Wien, 16.04.2025 (KAP) Vor der letzten Nationalratswahl hätten viele Politikerinnen und Politiker Verständnis für das Anliegen der evangelischen Kirche gezeigt, den Karfreitag als Feiertag wieder einzuführen, am besten gleich für alle. Davon sei jetzt allerdings in Zeiten von Budgetdefizit und Sparpaketen nichts mehr übrig, hat sich der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka enttäuscht gezeigt. Im Interview mit Kathpress am Mittwoch hielt der Bischof aber unmissverständlich fest, dass die Kirche sich auch weiterhin nach Kräften für den Karfreitag als Feiertag einsetzen werde. Österreich habe diesen Feiertag bitter nötig.
Der lutherische Bischof sprach im Blick auf die Abschaffung des Feiertags einmal mehr von einem "Unrecht", das vor allem den evangelischen Kirchen in Österreich angetan wurde.
Schlimme Zeit der Gegenreformation
Die Einführung des Karfreitags für die protestantischen Kirchen erfolgte in den 1950er-Jahren. Gleichsam auch als eine Art Anerkennung des Unrechts, das den Kirchen in der Vergangenheit bis ins 18. Jahrhundert angetan wurde. Vor allem die Gegenreformation war eine Zeit der Vertreibung und der Deportationen. Familien wurden zerrissen, Eltern deportiert, Kinder sollten in einem anderen Glauben erzogen werden. Das Gedenken daran habe in Österreich aber nach wie vor nicht den notwendigen Platz, kritisierte Bischof Chalupka.
Die Wiedereinführung wäre deshalb auch ein starkes Zeichen, dass der Regierung die Aufarbeitung der Geschichte und der Schutz von Minderheiten ein Anliegen sei, so Chalupka. Nachsatz: "Und hoffentlich werden ja auch die wirtschaftlichen Zeiten wieder besser."
Verärgerung sitzt tief
Der Karfreitag ist seit 2019 für evangelische, methodistische und altkatholische Christen kein Feiertag mehr - es sei denn, man macht ihn zum "persönlichen Feiertag", dann hat man einen Anspruch auf Urlaub an diesem Tag, der Arbeitgeber kann ihn nicht ablehnen. Einen zusätzlichen Urlaubstag gibt es dafür allerdings nicht. Der persönliche Feiertag muss drei Monate zuvor beim Arbeitgeber angemeldet werden.
In der evangelischen Kirche habe die Abschaffung des Karfreitags 2019 eine tiefe Wunde hinterlassen, sagte der Bischof: "Die Verärgerung und Enttäuschung der evangelischen Christinnen und Christen ist nach wie vor groß. Das erlebe ich jedes Mal, wenn ich in eine Pfarrgemeinde komme. Der Karfreitag ist das erste Thema, auf das ich angesprochen werde."
Innerhalb der evangelischen Kirche sei insofern auch das Bewusstsein für diesen Feiertag gestiegen, evangelische Christinnen und Christen würden diesen Tag noch stärker als identitätsstiftend sehen. Chalupka: "Die Gottesdienste am Karfreitag sind voller, als sie jemals waren."
Der Karfreitag sei auch insofern von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung, als er an die Verletzlichkeit und Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens erinnere. Angesichts der vielen aktuellen Krisen braucht es einen Tag, wo diese Zerbrechlichkeit des Lebens nicht verdrängt wird. Gott teile das Leid der Menschen, so Chalupka: "Wir dürfen uns schwach und verletzlich zeigen, wir dürfen nach Hilfe verlangen, wenn doch Gott selbst sich schwach und verletzlich gezeigt hat. Der Karfreitag erlaubt uns dies und zeigt dadurch am Horizont die Auferstehung und das Leben."
Kirchensportler laden zum Innehalten ein
Auf die Bedeutung des Karfreitags hat am Mittwoch auch die Diözesansportgemeinschaft Österreich aufmerksam gemacht. Sepp Eppensteiner, Vorsitzender der Diözesansportgemeinschaft (DSGÖ), rief in einer Aussendung dazu auf, auch bei sportlicher Betätigung am Karfreitag zur Todesstunde Jesu (15 Uhr) eine Gedenkminute einzuhalten, ein Kreuzzeichen zu machen oder auch ein kurzes Gebet zu sprechen, das Leiden Jesu in den Blick zu nehmen, genauso aber auch Mitmenschen in den Blick zu nehmen, die gerade schwierige Zeiten durchmachen. Eppensteiner äußerte zudem den Wunsch, Sportveranstaltungen nicht ausgerechnet am Karfreitag anzusetzen.