Katholische Gemeinschaft "Sodalitium Christianae Vitae" wegen Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt bereits länger umstritten - Rund 20.000 Mitglieder
Vatikanstadt, 15.04.2025 (KAP) Die umstrittene katholische Gemeinschaft "Sodalitium Christianae Vitae" (SVC ) wurde laut dem News-Portal "Vatican News" am Montag aufgelöst. Am Sitz des Ordens-Dikasteriums wurde in Anwesenheit von Präfektin Schwester Simona Brambilla ein entsprechendes Dekret unterzeichnet, hieß es auf der SVC-Website. Die Gemeinschaft wird in Lateinamerika kurz "Sodalicio" genannt. 2024 wurden mehr als zehn Mitglieder auf Geheiß des Papstes aus ihr entlassen, auch der Gründer war dabei. Hintergrund waren Missbrauchsfälle: Im Juli und August 2023 hatte eine kirchenrechtliche Untersuchung schweren Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt innerhalb der aus Peru stammenden Gemeinschaft ans Licht gebracht.
"Mit Trauer und Gehorsam nehmen wir diese von Papst Franziskus ausdrücklich genehmigte Entscheidung an, die das Ende unserer Gesellschaft bedeutet", heißt es in einer offiziellen Erklärung der Gemeinschaft. Laut SVC wurde zudem Monsignore Jordi Bertomeu Farnós, der als Spezialist für Fragen des sexuellen Missbrauchs und seiner Aufklärung gilt, zum Apostolischen Kommissar ernannt, um die Aufhebung des Sodalitiums zu überwachen.
Die Gemeinschaft richtet sich in ihrem Schreiben auch direkt an die Missbrauchopfer: "Unsere Gedanken sind auch bei den Opfern, denen wir noch einmal unsere aufrichtige Bitte um Vergebung für die Misshandlungen und den Missbrauch in unserer Gemeinschaft aussprechen. Wir bitten auch die gesamte Kirche und Gesellschaft um Vergebung für das verursachte Leid." Gleichzeitig betonte SVC die "unternommenen Wiedergutmachungsbemühungen" von ihrer Seite und "wir werden weiterhin dafür beten, dass der Herr die Wunden heilen möge, die verursacht worden sind".
Sodalicio dankt auch explizit den päpstlichen Delegierten, die die Gemeinschaft beim Erneuerungs- und Aufarbeitungsprozess "geführt und begleitet" haben sowie allen Unterstützern und allen "die im Laufe unserer Geschichte Teil der Gemeinschaft waren und die großzügig Jahre ihres Lebens der Mitarbeit an der apostolischen Sendung der Kirche gewidmet haben."
Macht- und Amtsmissbrauch
Bei Sodalicio war zuvor Amtsmissbrauch und Machtmissbrauch, sowohl was sexuellen Missbrauch - teils auch Minderjähriger - als auch die Veruntreuung von kirchlichem Eigentum betreffe, festgestellt worden.
Auch der Gründer der Gemeinschaft, Luis Fernando Figari, musste danach gehen. Kardinal Carlos Castillo Mattasoglio hatte sich für ein vollständiges Verbot der Laienbewegung ausgesprochen. In einem Gastbeitrag für die spanische Zeitung El País schrieb der Erzbischof von Lima, bei der Gemeinschaft handle es sich um ein "gescheitertes Experiment des Kalten Krieges in Lateinamerika".
Rund 20.000 Mitglieder
Mit bis zu 20.000 Mitgliedern, die, egal ob Priester oder nicht, ehelos leben und Gelübde ablegen, zählt das "Sodalicio" zu den mittelgroßen Spezialgemeinschaften in der katholischen Kirche. Es ist größer als die meisten klassischen Ordensgemeinschaften, aber kleiner und weniger weit verbreitet als etwa das Opus Dei oder die Neokatechumenalen.
Die Gemeinschaft wurde 1971 in der peruanischen Hauptstadt Lima gegründet. Binnen weniger Jahre erlangte die Gruppe als Gegenbewegung zur politisch als linkslastig empfundenen Befreiungstheologie großen Einfluss in der katholischen Kirche. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) erkannte die Organisation 1997 offiziell an. Im Vatikan wurde die Bewegung damals hoch geschätzt. Sie füllte ihre Priesterseminare und Ordenshäuser mit jungen Mitgliedern, während die Seminare anderer Ordensgemeinschaften immer leerer wurden. Hinweise, dass es dabei zu Misshandlungen gekommen sei, wurden von den örtlichen Kirchenoberen lange Zeit nicht verfolgt.
Das Sodalicio, zu dem auch ein weiblicher Zweig gehörte, verfügte laut Medienberichten über erhebliche Vermögenswerte. Unklar ist derzeit noch, ob diese an eine noch zu gründende Nachfolgeorganisation übergehen oder anderen kirchlichen Stellen übereignet werden.
Im Inneren der lange einflussreichen kirchlichen Sondergemeinschaft "Sodalicio" gab es offenbar schweren Machtmissbrauch - Franziskus ordnet nun weitere Ausschlüsse aus der Gemeinschaft an - Bestraft wurde erstmals auch ein Journalist, dem "Missbrauch in der Ausübung des journalistischen Verkündigungsauftrags" vorgeworfen wird