Friesenkirche: Charmanter Rückzugsort im Schatten des Petersdoms
15.04.202512:30
Niederlande/Vatikan/Kirche/Geschichte
Die von außen unscheinbare Nationalkirche der Niederländer steht allen offen - Heilige Treppe und Gestühl vom Zweiten Vatikanischen Konzil - Von Kathpress-Korrespondentin Sabine Kleyboldt
Rom/Vatikanstadt, 15.04.2025 (KAP) "Scala Santa - Heilige Trap - Holy Stairs - mit Ehrfurcht betreten!" steht auf Italienisch, Niederländisch und Englisch auf dem gelben Schild an der weit geöffneten hölzernen Flügeltür. Neugierig blicken Passanten die steilen Steinstufen hinauf, an deren Ende ein großes angestrahltes Kruzifix hängt. Die sogenannte Heilige Treppe, wohl der einzige in Rom existierende Nachbau der Scala Santa an der römischen Lateranbasilika, ist nur eine der Besonderheiten, die die Friezenkerk bereithält, die Nationalkirche der Niederlande.
Das im neunten Jahrhundert erbaute Gotteshaus, damals im Besitz einer Stiftung für friesische Rom-Pilger, liegt nur wenige Meter vom Petersplatz entfernt. Doch nur Eingeweihte finden sie. Die Kirche mit der Adresse Borgo Santo Spirito 21, die dem Erzengel Michael und dem italienischen Bischof Magnus geweiht ist, hat zwar gleich zwei Treppenaufgänge. Doch ohne sichtbaren Kirchplatz oder Turm wird sie von Häuserfassaden vollkommen versteckt.
Weltkirche statt Clublokal
"Was fein ist, liegt oft im Verborgenen", sagt Antoine Bodar (80), emeritierter Professor für Kunstgeschichte und seit 2020 Rektor der Friezenkerk. Diese gehört dem Vatikan; doch die niederländische Sprachgemeinschaft darf sie seit 1989 als "Heimatgemeinde" nutzen. Erst 2024 wurde der Vertrag um weitere fünf Jahre erneuert.
"Als ich 2020 Rektor wurde, habe ich zuerst aufgeräumt, denn die Friesenkirche sollte nicht aussehen wie ein Clublokal", sagt Bodar. "Die Nationalflaggen der Friesen und der Niederlande habe ich abgehängt und reinigen lassen. Als 2022 Titus Brandsma heiliggesprochen wurde, haben wir die Fahnen draußen über die Treppe gehängt. Denn wir sind ja nicht unfreundlich - aber wir gehören zur Weltkirche; das ist für mich wichtiger als ein Nationalgefühl", betont der frühere Professor für Christentum, Kunst und Medien an der Universität Tilburg.
Grafik von M.C. Escher
Wer die Haupttreppe links neben den Kolonnaden nimmt, gelangt auf einen kleinen begrünten Vorplatz. Die dreischiffige Kirche, die im 18. Jahrhundert in barocker Form erneuert und bis 2009 restauriert wurde, wirkt hell und klar. Der Altar aus antikem Marmor wurde in der Renaissance bearbeitet und 1995 von Papst Johannes Paul II. geweiht.
Im linken Seitenschiff findet sich das Grab des Dresdner Malers Anton Raphael Mengs (1728-1779), dessen Hauptwerk in Rom entstand. Sogar der mittelalterliche Glockenturm ist erhalten. Man sieht ihn aber nur durch die Kirchenfenster, von der Kuppel des Petersdoms aus - oder in der Sakristei: Denn dort hängt eine große Grafik des niederländischen Künstlers Maurits Cornelis Escher (1898-1972) mit der Gesamtansicht der Kirche.
"Heiliger Rest aus dem Petersdom"
Vor dem Altar fällt ein ungewöhnliches Chorgestühl ins Auge: 24 hölzerne Sitze mit dunkelgrünen Lederbezügen, zu je zwölfen senkrecht zum Altar aufgereiht. "Die stammen vom Zweiten Vatikanischen Konzil", erinnert Antoine Bodar an die bedeutende Kirchenversammlung vor 60 Jahren. "Sie sind nicht sonderlich schön; aber es ist der heilige Rest aus dem Petersdom."
Die Heilige Treppe aus dem neunten Jahrhundert, 1603 restauriert, darf nur von unten nach oben beschritten werden, nicht umgekehrt, erklärt Bodar. Schließlich erinnere sie an den Gang von Jesus Christus zu Pilatus, der ihn schließlich zum Tode verurteilte. Wer die 33 steilen Stufen hinaufsteige, solle dies als Zeichen der Buße und Reue tun, so der Geistliche. Oben vor dem großen Kruzifix kann man dann eine Kerze anzünden und - architektonisch etwas verwirrend - durch die Kirche wieder hinausgehen. Gerade in der Karwoche ist die Tür, die von der Straße zur Heiligen Treppe führt, möglichst oft geöffnet.
Blumenschmuck für Ostern auf dem Petersplatz
Dabei wird die Gemeinde, die nur von Ehrenamtlichen getragen ist, jetzt vom Vatikan unterstützt. Schließlich ist sie laut dem Schild unten am Eingang "Zona extra territoriale Vaticano" und auch offizielle Pilgerkirche im Heiligen Jahr. Neuerdings bewacht ein vom Vatikan bezahlter Kustos die Kirche, so dass sie auch außerhalb der Gottesdienstzeiten geöffnet bleiben kann.
Auch anderweitig klappt die Zusammenarbeit der kleinen Gemeinde mit dem großen Nachbarn: "Wir sind es, die dem Vatikan den Blumenschmuck für Ostern schenken", erläutert Bodar. In der Karwoche bringen Lastwagen die Blütenpracht von den Niederlanden Richtung Rom. Am Ostersonntag wird der Petersplatz dann zum Blumenmeer. Wem aber der Trubel dort zu groß ist, findet in der Kerk van de Friezen einen Rückzugsort - nicht nur zu Ostern.
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