US-Druck auf Diversity-Programme auch auf europäische Konzerne - ksoe-Leiter Schlagnitweit und Kolping-Geschäftsführerin Holztrattner kritisierten Missachtung von Menschenwürde
Wien, 15.04.2025 (KAP) Kritik an der von US-Präsident Donald Trump forcierten Einschränkung von Diversity-, Gleichstellungs- und Inklusionsprogrammen (DEI) kommt von österreichischen Ethik-Expertinnen und -Experten. In der Ö1-Sendung "Religion aktuell" warnten der Sozialethiker Alexander Schlagnitweit, Direktor der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe) und Magdalena Holztrattner, Geschäftsführerin des Frauen- und Sozialreferats bei Kolping Österreich, vor einem Rückschritt in Fragen der Menschenwürde und Gleichbehandlung. Für die beiden Sozialethiker zeigt der jüngste Vorstoß durch US-Präsident Trump daher nicht nur ein wirtschaftliches, sondern vor allem ein moralisches Problem auf.
Programmen für Diversität, Inklusion und Gleichstellung droht aktuell eine harte Zeit. Konkret geht es um das von Trump unterzeichnete "Dekret 14173", das sämtliche Zulieferer und Dienstleister der US-Regierung - unabhängig von Standort oder Nationalität - verpflichtet, auf DEI-Programme (Diversity, Equity, and Inclusion) zu verzichten, sofern diese aus Sicht der US-Regierung gegen Antidiskriminierungsgesetze verstoßen.
Ksoe-Direkor Schlagnitweit sieht in diesem politischen Kurs einen ethischen Bruch. Die christlich-jüdische Tradition begründe "die Würde nicht nur jedes Menschen, sondern sogar jedes Lebewesens" mit der gemeinsamen Geschöpflichkeit. Wer Menschengruppen herabwürdige oder benachteilige, missachte letztlich "Gott und seine Schöpfung", so der Sozialethiker am Montag in der Ö1-Sendung.
Holztrattner bezeichnete es als "Erpressung", wenn Unternehmen unter Androhung wirtschaftlicher Nachteile gezwungen würden, sich von menschenrechtsbasierten Standards zu verabschieden. Es wäre "größer", so die Unternehmensberaterin und Autorin, "zu zeigen, wir lassen uns nicht erpressen aufgrund von Weltanschauungen, die zutiefst menschenfeindlich sind". Die Aufgabe von Entscheidungsträgerinnen und -trägern sei es, ihre Macht zugunsten diskriminierter Gruppen einzusetzen - etwa von Frauen, People of Color sowie Menschen mit Behinderungen. Das zentrale Kriterium der Sozialethik bleibe "die Menschenwürde", stellte Holztrattner klar.
Schreiben von US-Botschaften
Laut Medienberichten haben europäische Unternehmen bereits entsprechende Schreiben von US-Botschaften erhalten, in denen sie zur Bestätigung ihrer Regelungskonformität aufgefordert werden. Andernfalls drohe ein Ausschluss von Geschäftsbeziehungen mit US-Stellen.
Europäische Unternehmen sollen laut Medienberichten bereits Benachrichtigungen von den jeweiligen US-Botschaften erhalten haben, die sie auffordern, schriftlich zu bestätigen, dass ihre internen Regelungen im Sinne der neuen US-Richtlinien angepasst wurden. Andernfalls drohe der Ausschluss von Geschäftsbeziehungen mit US-Stellen.
Laut "Der Standard" sollen bereits österreichische Unternehmen solche Schreiben erhalten haben. Die US-Botschaft in Wien verweist darauf, dass man derzeit weltweit sämtliche Verträge und Fördermittel auf Konformität mit den neuen Executive Orders überprüft. Auftragnehmer und Fördermittelempfänger seien angehalten, ihre Einhaltung der neuen Vorgaben zu bescheinigen.
Große US-Konzerne wie Meta, Alphabet oder Starbucks haben inzwischen ihre internen Diversity-Standards angepasst oder abgeschafft. Auch die Schweizer Pharmakonzerne Novartis und Roche haben ihre Vorgaben zur Diversität bei der Einstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den USA bereits gestrichen. Laut Medienberichten sollen auch schon europäische Unternehmen, darunter BMW, von den USA die Aufforderung erhalten haben, ihre Diversitätsprogramme zu beenden.
In den USA galt seit 1965 die "Executive Order 11246", die Unternehmen mit Regierungsverträgen zur Einstellung von Minderheiten nach Quoten verpflichtete - eine Regelung, die Trump bereits in seiner ersten Amtszeit aussetzte. In Europa ist das Konzept der "Affirmative Action" kaum verbreitet und oft durch Gleichstellungsgesetze geregelt. Lediglich börsennotierte Unternehmen sind seit November 2022 dazu verpflichtet, bis Juli 2026 mindestens 40 Prozent des unterrepräsentierten Geschlechts in Aufsichtsräten oder 33 Prozent in Vorstand und Aufsichtsrat zu erreichen.