Ecuador nach den Wahlen - Kehraus und Gratulationen
15.04.202510:35
Ecuador/Wahl/Politik/Kirche
In Ecuador zweifelt die linke Wahlverliererin Luisa Gonzalez ihre Niederlage an - Die demokratische Linke in Lateinamerika gratuliert dem konservativen Sieger Daniel Noboa - Bischöfe rufen zu unbedingtem Gewaltverzicht auf - Von Tobias Käufer
Quito, 15.04.2025 (KAP/KNA) Der Schock über die deutliche Niederlage saß tief. Ihr Lager werde das Ergebnis nicht anerkennen, sondern von der Wahlbehörde CNE eine Neuauszählung fordern, sagte die linksgerichtete Herausforderin Luisa Gonzalez am Abend nach der verlorenen Stichwahl gegen Amtsinhaber Daniel Noboa. Nach 98,6 Prozent der ausgezählten Stimmen entfielen 55,6 Prozent auf den 37-jährigen Konservativen, nur 44,4 Prozent auf Gonzalez; ein deutlicherer Abstand als in allen Umfragen vorausgesagt und auch in Nachwahlbefragungen gemessen.
Daher wittert das linke Lager Wahlbetrug: "Jeder weiß, dass diese Ergebnisse unmöglich sind. Wir haben die gleichen 44 Prozent wie in der ersten Runde." Diese Mafiosi hätten sich ein wenig mehr anstrengen können, kommentierte der linkspopulistische Ex-Präsident Rafael Correa den Wahlausgang und unterstellte Betrug. Beweise kann er freilich nicht vorlegen.
Correa gilt als Mentor von Gonzalez - und als immer noch einflussreichste Kraft im linken Lager. Er lebt im Exil in Belgien, dem Heimatland seiner Frau. Ecuadors Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Korruption. Mit dem wegen seiner Nähe zu faschistischen Gruppierungen umstrittenen Sender "Russia Today" arbeitet Correa eng zusammen und versucht, von dort aus Einfluss zu nehmen.
Nur Maduro und Morales
Unterstützung erhielt diese Sichtweise von Venezuelas linksextremen Machthaber Nicolas Maduro und Boliviens Ex-Präsident Evo Morales - die allerdings selbst im Verdacht stehen, bei vergangenen Wahlen manipuliert zu haben. Die Regierungen Kolumbiens, Brasiliens und Chiles gratulierten Noboa dagegen zum Sieg.
Die internationalen Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) stützen das offizielle Ergebnis: Die vom computergestützten Auszählungs- und Ergebnissystem der Wahlbehörde bereitgestellten Daten stimmten mit den von den im Land eingesetzten OAS-Beobachtern zusammengestellten Informationen überein, hieß es am Montag (Ortszeit).
Auch deshalb gratulierten immer mehr Vertreter aus dem linken Lager Noboa, darunter die Präfekten der Provinzen Manabi und Pichincha, Leonardo Orlando und Paola Pabon. Am deutlichsten auf Distanz zur Parteifreundin Gonzalez ging Aquiles Alvarez, Bürgermeister von Guayaquil: "Wenn das Volk gewählt hat, müssen wir es respektieren - ob es uns gefällt oder nicht." Das Schlimmste sei, ein schlechter Verlierer zu sein, so Alvarez. Am Abend folgte auch die einflussreiche Indigenen-Organisation Pachakutik, die im Wahlkampf Gonzalez unterstützt hatte.
Von Fäden des Puppenspielers befreien
Analysten sehen in diesen Absetzbewegungen auch erste Versuche der ecuadorianischen Linken, sich endgültig von ihrem Übervater Correa zu lösen. Es war die dritte Niederlage in Folge. Ex-Präsident Lenin Moreno, einst als Vizepräsident ein enger Vertrauter Correas, ehe es zu einem tiefen Zerwürfnis kam, riet der unterlegenen Kandidatin: "Luisa muss sich nun von den Fäden ihres Puppenspielers befreien, wenn sie eine politische Zukunft haben will."
Die ecuadorianischen Bischöfe riefen indes zu unbedingtem Gewaltverzicht auf - in Worten wie in Taten. Demokratie erfordere "Demut und den Mut, die Ergebnisse zu akzeptieren".
Mit Ecuador ist die Erzdiözese Wien bereits seit Jahrzehnten im engen Austausch und unterhält eine Partnerschaft mit der dortigen Diözese San Jacinto. Zahlreiche Priester aus Österreich haben in Ecuador in den letzten Jahren gewirkt - unter ihnen der 2021 verstorbene Prälat Josef Heissenberger, der u.a. Bischofsvikar in der Erzdiözese Guayaquil war. Er prägte dabei eine ganze Generation von Priestern auch aus Österreich, die an seiner Seite tätig waren. Zu ihnen zählt auch der heutige Kärntner Bischof Josef Marketz, der bei Heissenberger sein Diakonatsjahr verbrachte.