Graphic Novel "Lodzia und Marysia" von Alwin Hecher liefert auf 90 Seiten ein "Plädoyer für Menschlichkeit und Freundschaft" - Tiroler Landeshauptmann: Buch spricht besonders junge Menschen an
Innsbruck, 14.04.2025 (KAP) Die neu erschienene Graphic Novel "Lodzia und Marysia" des jungen Tiroler Illustrators Alwin Hecher zeichnet auf rund 90 Seiten die Flucht eines jüdischen Mädchens und ihrer Freundin vor dem nationalsozialistischen Terror und ihr Überleben im Untergrund in Tirol nach. Der Comicroman basiert auf Leokadia Justmans autobiografischem Bericht, dem ersten literarischen Zeugnis einer Holocaust-Überlebenden aus Tirol. Die Bilderzählung sei ein "Plädoyer für Menschlichkeit und Freundschaft", heißt es auf der Webseite der Diözese Innsbruck.
Justman entkam zusammen mit ihrem Vater aus dem Warschauer Ghetto und überlebte die NS-Verfolgung unter falscher Identität in Tirol und Salzburg. Ihre Mutter wurde im Vernichtungslager Treblinka ermordet. Ihr Vater kam später im Innsbrucker KZ Reichenau um. In Tirol sollen fünf Polizisten und drei Frauen ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt haben, um Justman und ihre Freundin Marysia Fuks bei ihrem Ausbruch aus dem Polizeigefängnis beim Innsbrucker Bahnhof zu helfen. Alle acht Menschen wurden posthum von der Gedenkstätte Yad Vashem als "Gerechte unter den Völkern" ausgezeichnet.
Die Graphic Novel "Lodzia und Marysia" entstand im Rahmen des Leokadia-Justman-Projekts an der Universität Innsbruck und wurde wissenschaftlich begleitet. Sie ist zugleich auch Teil der derzeit laufenden Sonderausstellung "Leokadia Justman. Brechen wir aus! Als polnische Jüdin auf der Flucht in Tirol" im Innsbrucker Landhaus. Präsenzexemplare der Graphic Novel sollen die kostenlose, interaktive Ausstellung künftig ergänzen, hieß es.
"Lebendige Form des Erinnerns"
"Durch die Überführung in das Format eines Comicromans erschließt er historische Inhalte auf neue Weise - und damit gelingt es ihm, insbesondere auch jüngere Leserinnen und Leser anzusprechen", beschrieben die beiden Ausstellungskuratoren Niko Hofinger und Dominik Markl die Neuerscheinung bei einer Vorstellung am vergangenen Donnerstag. "Erinnerung ist kein Rückblick", äußerte sich Landeshauptmann Anton Mattle. Sie sei Auftrag und Verantwortung: "Gerade in einer Zeit, in der Geschichtsverzerrung und Relativierung lauter werden, müssen wir dem mit klaren, lebendigen Formen des Erinnerns entgegentreten", so der Kulturreferent.
Die Ausstellung kann bis zum 26. Oktober von Montag bis Freitag zwischen 9 und 17 Uhr im sogenannten ehemaligen "Gauleiter-Hofer-Zimmer" besichtigt werden. Sie kombiniert multimediale Inhalte mit historischen Fotografien, Dokumenten und Karten. Besucher können sich interaktiv mit Justmans Flucht und dem Netzwerk aus Unterstützern und Verfolgern auseinandersetzen. Die Schau versteht sich als Fortsetzung der 2023 präsentierten Ausstellung "Vom Gauhaus zum Landhaus. Ein Tiroler NS-Bau und seine Geschichte", die die NS-Vergangenheit des Landhauses als Täterort thematisierte.
"Es ist ein starkes und wichtiges Zeichen, dass die Ausstellung gerade im sogenannten 'Gauleiter-Hofer-Zimmer' gezeigt wird - einem Raum, der wie kaum ein anderer die düsteren Kapitel der NS-Zeit symbolisiert", erklärten die Kuratoren in einer Presseaussendung. Das Neue Landhaus, erbaut 1938/1939 als Gauhaus für die nationalsozialistischen Parteidienststellen, ist das größte noch bestehende NS-Bauwerk Tirols.
Feierliche Eröffnung der Ausstellung "Leokadia Justman. Brechen wir aus! Als polnische Jüdin auf der Flucht in Tirol", die vom Jesuiten P. Dominik Markl kuratiert wurde