Wie ein Restaurierungsprojekt im Klausurkloster mehr Verständnis schuf
27.11.202418:11
(zuletzt bearbeitet am 28.11.2024 um 09:23 Uhr)
Österreich/Kultur/Kunst/Kirche/Orden
Eingespielte Zusammenarbeit des Wiener Heimsuchungs-Kloster der Salesianerinnen mit Studierenden bei Renovierung historischer Großdrucke
Wien, 27.11.2024 (KAP) Um sich ganz dem Gebet und der Kontemplation zu widmen, pflegen kontemplative Ordensgemeinschaften ein Leben in strenger Klausur, die nur in Ausnahmefällen verlassen wird. Manche Situationen und Anlässe erfordern dennoch Kontakte zur Außenwelt - nicht zuletzt im Kunstbereich. Einblicke dazu gab es am Mittwoch im Wiener Kardinal-König-Haus beim diesjährigen "Kulturtag" der Orden gleich aus mehreren Perspektiven. Sr. Eva Maria Voglhuber vom Salesianerinnenkloster am Wiener Rennweg berichtete, wie für die Rettung historischer Thesenblätter Studierende erfolgreich engagiert wurden - die ihrerseits ebenfalls von einer bereichernden Kooperation sprachen.
Das barocke Heimsuchungs-Kloster der Salesianerinnen, gegründet von der Kaiserin-Witwe Amalia Wilhelmina (1673-1742), war einst als kaiserliche Residenz und spirituelles Zentrum zugleich errichtet worden. Neun Ordensfrauen bewohnen heute den an den Botanischen Garten und Schloss Belvedere grenzenden Prachtbau, der teils an die Musikuniversität vermietet ist und Kunstschätze wie etwa Thesenblätter beherbergt. Dabei handelt es sich um von den Jesuiten übernommene, großformatige Drucke aus dem 17. und 18. Jahrhundert, mit denen einst Doktorarbeiten verteidigt worden waren. Dargestellt sind Heilige, zentrale Persönlichkeiten aus dem Orden oder der Habsburger sowie historische Szenen wie etwa die Seeschlacht von Lepanto.
Rettung dringend erforderlich
"Viele dieser Kunstwerke zeigten bereits Brüche und Wasserschäden, sie waren vergilbt und ihr Zustand schlecht", berichtete die Kunsthistorikerin Voglhuber, die selbst 2020, nach langer Tätigkeit als Kunst- und Diözesankonservatorin sowie in Diözesanmuseen, ins Kloster eingetreten war, das sie zuvor im Rahmen einer Forschung kennengelernt hatte. Mit ihrem fachkundigen Blick überzeugte die spätberufene Ordensfrau zunächst ihre Vorgesetzte und bemühte sich dann darum, Studierende auf Vermittlung des Kulturgüter-Referats der Orden für die Restaurierung zu gewinnen - "um das Projekt in professionelle Hände zu legen und zugleich finanzierbar zu machen", wie sie erklärte.
Am Institut für Konservierung und Restaurierung an der Akademie der Bildenden Künste in Wien wurde die Salesianerin schließlich fündig, es gab Spenden dafür und auch das Bundesdenkmalamt sagte eine Förderung zu. Eigenhändig hängte Sr. Voglauer die Bilder ab, die dann von den Studierenden in Zusammenarbeit mit Tischlern und dem Restaurator Andreas Hartl vorsichtig - es handelte sich um mundgeblasene Gläser - ausgerahmt, vom Holzuntergrund getrennt, im Wasserbad gereinigt und restauriert und anschließend in originalen barockem Glas erneut eingerahmt wurden. Durchgeführt wurde das auch logistisch komplexe und anspruchsvolle Projekt in drei Sommeretappen zwischen 2022 und 2024.
Suche nach Balance
Dass über Monate in der sonst so beschaulichen Ruheinsel inmitten der Großstadt geschäftiges Treiben einkehrte, habe manche ihrer schon seit Jahrzehnten lebenden Mitschwestern zuerst irritiert, dann habe man einen guten Umgang damit gefunden, berichtete Voglauer. "Grundsätzlich müssen wir immer überlegen, wie wir die Balance zwischen Klausur und tätigem Tun schaffen, nun war dies allerdings etwas intensiver als sonst", so die Ordensfrau. Über die neue Pracht der ersten bereits wieder aufgehängten Drucke sei das Kloster stolz, sie würden nun bewusst wahrgenommen, zudem seien durch das Projekt "die Gemeinschaft gestärkt und neue Impulse gesetzt" worden.
Wie zwei der am Projekt beteiligten Studierenden, Aaron Ludescher und Marina Potesil, bei einem anschließenden Podiumsgespräch im Rahmen des Kulturtages darlegten, hätten sie durch das Projekt viel über das klösterliche Leben gelernt - darunter vor allem die enge Verwobenheit von Kunst und Spiritualität. Beeindruckend sei auch die tiefe emotionale Verbindung der Schwestern zu den Thesenblättern gewesen. Das Verständnis zwischen unterschiedlichen Lebensrealitäten sei gestärkt worden, resümierte Restaurator Andreas Hartl. Weitere Etappen der Restaurierung seien bereits in Planung, hieß es. (Infos: www.ordenskonferenz.at)