Alterzbischof von Vrhbosna zum 30. Jahrestag seiner Aufnahme in das Kardinalskollegium: Johannes Paul II. wollte inmitten des Kriegs die Stimme der Kirche in Bosnien stärken
Sarajevo, 27.11.2024 (KAP) Die historisch erste Verleihung der Kardinalswürde an einen Erzbischof von Sarajevo im Jahr 1994 durch Papst Johannes Paul II. war ein bewusstes Signal, um die katholische Ortskirche inmitten der damaligen Jugoslawienkriege stärken. Das hat Sarajevos Alterzbischof Vinko Puljic (79) zum 30-Jahr-Jubiläum seiner Aufnahme ins Kardinalskollegium berichtet. Johannes Paul II. (1978-2005) habe durch die Ernennung "die Stimme der Kirche in Bosnien stärken wollte", da diese "in Gefahr war, ausgerottet zu werden", sagte Puljic dem kroatischen Sender HKR anlässlich des Jahrestags seiner Kardinalserhebung am 26. November 1994. Bereits am Montag gratulierten hochrangige Vertreter von Kirche und Politik Puljic bei einer Festveranstaltung in Kiseljak, berichtet die Nachrichtenagentur IKA.
Johannes Paul II. hatte im Herbst 1994, bald nach dem Auseinanderbrechen Ex-Jugoslawiens, eine Friedensreise in die Hauptstädte Serbiens, Bosniens und Kroatiens unternehmen wollen. Möglich wurde zunächst aber nur ein Besuch in Zagreb. Die geplante Visite im damals von den bosnischen Serben unter Führung von Radovan Karadzic belagerten Sarajevo kam ebenso nicht zustande wie ein Besuch in Belgrad.
Puljic hatte sein Amt als Erzbischof von Sarajevo zum Jahreswechsel 1990/91 angetreten. "Als der Papst 1994 nach Sarajevo kommen sollte, die internationalen Kräfte dies jedoch verhinderten, umarmte er mich in Zagreb am Grab von Alojzije Stepinac und sagte mir: 'Der Papst wird es zeigen!'", berichtete er nun in dem Radiointerview.
Er habe die Worte von Johannes Paul II. zunächst nicht verstanden, so Puljic - dann aber erreichte ihn über den damaligen Apostolischen Nuntius in Bosnien und Herzegowina ein Brief des Papstes. "Darin schrieb mir der Papst über seine Entscheidung, mich zum Kardinal zu ernennen." Der damals erst 49-jährige Puljic war danach neun Jahre lang das jüngste Mitglied des Kardinalskollegiums.
Drei Jahre später kam im April 1997 der Besuch des Papstes in Sarajevo zustande. Dieses Ereignis, erinnerte sich Puljic im HKR-Gespräch, habe eine besondere Freude beim Volk, bei den Politikern und auch bei ihm selbst ausgelöst. "Alle haben sich gefreut."
Vom Papst persönlich geweiht
Johannes Paul II. hatte den 1945 geborenen Puljic im 19. November 1990 zum Erzbischof von Vrhbosna, so die offizielle Bezeichnung der Diözese, ernannt und ihn am 6. Jänner 1991 persönlich im Petersdom zum Bischof geweiht. Nach Ausbruch des Bosnienkrieges harrte Puljic im belagerten Sarajevo aus und wurde dadurch und durch seinen Einsatz für humanitäre Hilfe und Frieden international bekannt. Gleichzeitig beklagte er in den Kriegs- sowie Nachkriegszeiten wiederholt den zunehmenden und vor allem durch Abwanderung ausgelösten Schwund der Katholiken in seiner vorwiegend kroatischen Glaubensgemeinde in Bosnien-Herzegowina.
Als Kardinal nahm Puljic an zwei Papstwahlen, jener von Benedikt XVI. (2005) und Franziskus (2013) teil. Anfang 2022 trat Puljic altersbedingt als Erzbischof von Vrhbosna zurück. Seither ist der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn (79) der dienstälteste Kardinal, der noch eine Diözese leitet. Schönborn wurde 1998, vier Jahre nach Puljic, zum Kardinal erhoben.