Rechtswissenschaftler Frister: "Zumindest das Vier-Augen-Prinzip und eine Beratungserfordernis müssen eingehalten werden"
Berlin, 27.11.2024 (KAP/KNA) Beim Thema Suizidbeihilfe setzt der neue Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Helmut Frister, auf eine geänderte gesetzliche Regelung. "Es braucht ein ausformuliertes Verfahren, wie man eine freiverantwortliche Suizidentscheidung feststellt", sagte Frister der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch in Berlin. Und ergänzte: "Zumindest das Vier-Augen-Prinzip und eine Beratungserfordernis müssen eingehalten werden."
Ein weiteres Thema, das Frister in seiner vierjährigen Amtszeit an der Spitze des Ethikrats sehr wichtig ist, ist der gesellschaftliche Zusammenhalt. Das sei das Thema der kommenden Jahrestagung im Juni 2025. "Was mir auch sehr am Herzen liegt, ist das Thema Generationengerechtigkeit", fügte Frister hinzu. Seine Generation, so der 67-Jährige, sei sich ihrer privilegierten Position - ohne Krieg mit ständigem Wachstum - oft gar nicht bewusst. "Diese Generation muss meines Erachtens stärker auf die junge Generation blicken. Und sie nicht überlasten."
Helmut Frister ist seit Mitte November neuer Vorsitzender des Deutschen Ethikrats. Der Rechtswissenschaftler ist bereits seit 2020 Mitglied des Gremiums und hat im Amt seine Vorgängerin Alena Buyx abgelöst. Buyx stand dem Rat während der Corona-Pandemie vor. Eine Zeit, in der der Rat "plötzlich in aller Munde" war, wie Frister sagt. In dieser Zeit habe es auch viele Anfeindungen gegeben, vor allem gegen Alena Buyx. "Es war bewundernswert, wie sie das durchgestanden hat", so Frister.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe für nichtig erklärt und ein weitreichendes Recht auf den selbstbestimmten Tod formuliert. Zugleich betonten die Richter, der Staat könne Regelungen treffen, um zu überprüfen, ob die Entscheidung wirklich ohne äußeren Druck getroffen werde. Seitdem wird eine gesellschaftliche und parlamentarische Diskussion um eine gesetzliche Neuregelung geführt.
Kirchen sind "gewichtige Stimme"
Im KNA-Interview schilderte Frister zudem, dass die Haltung der Kirchen in die Arbeit des Ethikrats einfließe. "Die Kirchen haben nach wie vor in ethischen Auseinandersetzungen eine gewichtige Stimme", erläuterte der Vorsitzende. Daher schaue sich der Ethikrat diese Positionen stets an. Auf der anderen Seite sei Deutschland ein pluralistisches Land und der Ethikrat müsse alle Menschen in den Blick nehmen. "Ein erheblicher Teil der Menschen ist nicht religiös", so Frister.
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