Parolin weist Kritik an Papst-Worten zu Genozid-Prüfung zurück
22.11.202413:40
Vatikan/Israel/Palästina/Papst/Krieg
Vatikanischer Kardinalstaatssekretär nach umstrittenen Papst-Worten zu Völkermord-Vorwurf gegen Israel: "Position des Heiligen Stuhls ist, dass wir diese Dinge untersuchen müssen, weil es technische Kriterien gibt, um das Konzept des Völkermords zu definieren"
Rom, 22.11.2024 (KAP) Der vatikanische Chefdiplomat Pietro Parolin hat die Kritik an Papst Franziskus' Vorschlag, den Genozid-Vorwurf gegen Israel zu prüfen, zurückgewiesen. "Der Papst hat gesagt, was die Position des Heiligen Stuhls ist, und das ist, dass wir diese Dinge untersuchen müssen, weil es technische Kriterien gibt, um das Konzept des Völkermords zu definieren", sagte der Kardinalstaatssekretär am Donnerstagabend vor Journalisten in Rom. Anliegen und Interesse des Vatikans sei, dass der Krieg im Nahen Osten bald beendet werde.
Papst Franziskus hatte in einem neuen Buch geschrieben: "Einigen Experten zufolge hat das, was in Gaza geschieht, die Merkmale eines Völkermords. Es sollte sorgfältig untersucht werden, um festzustellen, ob es der technischen Definition entspricht, die von Juristen und internationalen Gremien formuliert wurde." Daraufhin äußerten sich Vertreter aus dem Judentum empört. Auch katholische Theologen kritisierten die Äußerung.
Auf die Frage nach dem Antisemitismus sagte Kardinalstaatssekretär Parolin laut "Vatican News", dass die Position des Heiligen Stuhls zu diesem Phänomen klar sei: "Wir haben es immer verurteilt und werden es auch weiterhin verurteilen, und wir werden uns bemühen, genau die Bedingungen zu schaffen, damit es wirklich eine ernsthafte Verurteilung und einen ernsthaften Kampf gegen dieses Phänomen geben kann."
Unter anderem die Europäische Rabbinerkonferenz hatte sich angesichts der Papst-Äußerungen "zutiefst beunruhigt" gezeigt. "Auch wenn man über die Wirksamkeit des laufenden Krieges Israels gegen die Hamas streiten kann, so bleibt er doch eine militärische Antwort auf den Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 und die ausdrückliche Drohung der Hamas, diesen wahllosen mörderischen Amoklauf zu wiederholen, wann immer sie kann", erklärte die Rabbinerkonferenz vergangenen Dienstag. "Während Israel dem humanitären Völkerrecht verpflichtet ist, die Hamas jedoch jede Norm dieses Rechts verletzt." Aus Sicht der Rabbiner könne Israel für "seine militärischen Maßnahmen zur Selbstverteidigung" nicht des Völkermords bezichtigt werden.
Kritik kam außerdem aus Österreich: So hat der Salzburger Theologe Prof. Gregor Maria Hoff in einem Beitrag für das Portal "communio.de" (17. November) betont: Auch wenn das Vorgehen der Regierung Netanjahu viele Fragen aufwerfe, überschreite der Papst eine rote Linie und mache sich zur Partei in einem internationalen Konflikt. "Seine hochproblematischen Aussagen stellen ein Risiko für Israel als Staat und für Juden weltweit dar", so der Theologe, der bis Juni 2024 Berater der Päpstlichen Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum war.
Franziskus in neuem Buch: "Wir sollten sorgfältig prüfen, ob es in die von Juristen und internationalen Gremien formulierte technische Definition passt"