Linzer Pastoraltheologin: "Mühsame Übung" des Einander-Zuhörens der Synodenteilnehmer aus Ost- und Westeuropa zeigt inzwischen deutlich sichtbare Ergebnisse
Linz, 20.09.2024 (KAP) Einen hoffnungsvollen Blick aus europäischer Perspektive auf die in wenigen Tagen beginnende Bischofssynode hat die Linzer Pastoraltheologin Klara Csiszar gezogen. Die Synoden-Teilnehmer aus Europa hätten binnen kurzer Zeit große Fortschritte hingelegt auf dem Weg der Synodalität, der auch nach der einmonatigen Versammlung in Rom im Oktober nicht aufhören dürfe. Diese solle vielmehr zum "Aufbruch in eine neue Kirchenzukunft" werden, "in eine Reziprozität des Lokalen, Regionalen und Globalen, in der jeder und jede aus seiner Bubble heraustritt und sich darum bemüht, den anderen zu verstehen", so die Theologin mit rumänisch-ungarischen Wurzeln in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress.
Csiszar ist Dekanin der Katholisch-Theologischen Fakultät der Katholischen Privat-Universität (KU) Linz und organisierte Ende August ein dreitägiges Vorbereitungstreffen für die europäischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Weltsynode. 43 Synodale waren der Einladung in die oberösterreichische Landeshauptstadt gefolgt, darunter ein Kardinal und diverse Vertreter der Bischofskonferenzen, sowie Theologinnen und Theologen, auch Csiszar selbst ist theologische Beraterin der Synode.
Mit dem bisherigen "Lernprozess" der Weitung des Blicks über die jeweilige Ortskirche hinaus könne man nur glücklich sein, so ihre Wahrnehmung. Sichtbar werde dies darin, dass das erste Treffen der europäischen Synoden-Delegierten in Prag im Februar 2023 noch in völlig anderer Atmosphäre als zuletzt in Linz stattgefunden habe. Damals seien verschiedene Realitäten aufeinandergeprallt. Die große Differenz besonders zwischen der Kirche in Ost- und in Westeuropa sei vielen erst bewusst geworden. Csiszar: "Die aus Osteuropa dachten, die vom Westen sind total liberal und nicht mehr katholisch, und auch umgekehrt: Das gibt's doch nicht, wie die denken, die sind echt weit weg. Mit diesem Eindruck endete Prag."
Kein Absprechen von Katholizität mehr
Darauf sei dann im Herbst 2023 der erste Teil der Synode in Rom gefolgt, "und wir haben wirklich vier Wochen gelernt, nicht allzu schnell zu urteilen und nicht sofort zu wissen, was der andere machen oder verstehen müsste", so die Theologin weiter. Die Teilnehmenden aus aller Welt hätten aufgrund des Settings gar nicht anders gekonnt als zuzuhören, in die Welt des anderen einzutauchen und sich um Verständnis zu bemühen, "ohne einander die Katholizität abzusprechen".
Die Früchte dieser "mühsamen Übung" hätten sich nun beim neuerlichen Treffen in Linz gezeigt, und die anwesenden Synoden-Delegierten hätten dies hier erstmals ein Stück "genossen". Denn, so Csiszar: "Wir merkten, dass es tatsächlich möglich ist, nicht immer besser zu wissen, was der andere zu tun hat, sondern zuerst zuzuhören: Was tut dir weh? Wo sind deine Freuden, Hoffnungen und Ängste? Das von Gaudium et spes beginnt langsam konkret zu werden", erinnerte die Theologin an jenes Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils, aus dem diese Formulierung stammt. Die ursprüngliche Angst vor Andersgesinnten sei der Erfahrung gewichen, dass diese eine Bereicherung sein könnten.
Alle in Linz anwesenden europäischen Synodalen hätten sich dafür ausgesprochen, dass Treffen ähnlich wie das dort praktizierte Format künftig regelmäßig stattfinden sollten, so die Linzer Theologie-Dekanin weiter. "Es geht darum, kreativ Wege für den Umgang miteinander zu eröffnen, weil erst so ein Abbild des Lebens in Europa angesichts der gesellschaftlichen Situation gelingt." In anderen Kontinenten, vor allem Südamerika, sei das Synodalitäts-Projekt schon viel weiter fortgeschritten, Europa habe diesbezüglich ohnehin enormen Aufholbedarf.
Synodales Gespür
Durchaus beschränke sich die Wirkung nicht auf den Umgang nur mit anderen Delegierten, erklärte Csiszar. Mit der Zeit entwickle sich ein "Gespür" durch die neu erlernte synodale Methodik. "Was ich an mir selber merke: Als Dekanin bekomme ich jetzt immer ein schlechtes Gefühl, wenn ich Entscheidungen allein treffe, auch wenn ich dies darf. Es gibt doch auch andere Möglichkeiten, Menschen mit einzubeziehen. Es dauert zwar länger und braucht mehr Unterscheidungskompetenz, aber wenn ich mich nicht nur mit homogenen Gruppen berate, sondern darauf achte, dass dort Vielfalt abgebildet ist und auch andere berücksichtigt werden, die von einer Entscheidung betroffen sein könnten, so wird das Ergebnis eindeutig besser."
Insgesamt seien "Zeit, Raum, Gespräche und Begegnungen" nötig, um andere Positionen zu verstehen und "von einem 'Ich' zum 'Wir' zu kommen, bei dem mir auch die Themen des anderen zum eigenen Anliegen werden", so die Theologin. Erst sobald ein solches Verständnis geschaffen sei, sollte abgestimmt werden. "Dann stimmt man vielleicht nicht dagegen, weil man ein Hauch Ahnung hat von anderen Wirklichkeiten und nicht nur meint oder vermeintlich schon weiß, wie das Gegenüber denkt." In Vorjahr sei dies in Rom mit dem Schlussdokument bereits gelungen. Csiszar: "Dieses Dokument hätte nie verabschiedet werden können, wenn wir nicht vier Wochen davor einen gemeinsamen Weg gegangen wären. So kann Zukunft gestaltet werden."
(Diese Meldung ist Teil eines Kathpress-Themenpakets zur Weltsynode über Synodalität. Alle Meldungen des Schwerpunkts, der laufend aktualisiert wird, sind abrufbar unter www.kathpress.at/weltsynode)
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