Ordensfrau Becquart: Weltweit gestellte Frauenfrage ist "Zeichen der Zeit", jedoch große Unterschiede hinsichtlich Forderungen nach Frauenweihe oder Frauendiakonat
Würzburg, 19.09.2023 (KAP) Als ein "Zeichen der Zeit" hat die Nummer zwei im vatikanischen Synodensekretariat, Sr. Nathalie Becquart, die Frauenfrage in der Kirche bezeichnet. Diese sei ein "Megathema", werde doch die Frage nach mehr Beteiligung von Frauen auf der ganzen Welt gestellt, "Leitung und Führungsaufgaben eingeschlossen", sagte die französische Ordensfrau in einem aktuellen Interview der Wochenzeitung "Die Tagespost". Bei der kommenden Synode in Rom werde man sehen, welche Antworten sich herauskristallisieren, "mit denen ein Konsens und Communio möglich ist" - denn, so Becquart: "Ziel einer Synode ist es nicht, Entscheidungen zu treffen, bei denen die Hälfte oder drei Viertel der Leute nicht mitgenommen werden."
Aus dem deutschsprachigen Raum und anderen Ländern bekannte Forderungen wie die Frauenweihe oder der Diakonat der Frau würden "keineswegs einstimmig überall erhoben", berichtete die Becquart, die als sogenannte Untersekretärin dem Leitungsteam des römischen Generalsekretariats der Bischofssynode angehört, über die Ergebnisse der weltweiten Konsultation des synodalen Prozesses in den vergangenen zwei Jahren. Katholische Frauen seien "sehr unterschiedlich gestrickt" und hätten "nicht dieselben Prioritäten und Sichtweisen". So sei etwa in vielen Ländern die Forderung vorrangig, "dass die Kirche an ihrer Seite Gewalt und Diskriminierung bekämpft".
Überzeugt ist Becquart davon, "dass es mehr Frauen in Führungspositionen braucht". Schließlich zeige sich, dass überall dort, wo Männern und Frauen im Team die Leitung über hätten, "bessere Entscheidungen, von denen alle etwas haben", getroffen würden. Papst Franziskus praktiziere dies bereits mit Erfolg im Vatikan und schlage zudem einen "interessanten Weg" ein, der Verantwortung und Weiheamt voneinander entkopple. Der Schwenk vom klerikalen zum synodalen Weg und zum Bild der Kirche als Volk Gottes werde dann gelingen, wenn künftig "nicht mehr alles auf Schultern von Geistlichen" liege.
Am Montag kam Becquart auch bei einer Hybrid-Tagung unter dem Titel "Gottes starke Töchter" in Leipzig über die Frauenfrage in der Kirche zu sprechen und rief zum verstärkten Austausch über das Thema auf. Wichtig sei der Dialog auch mit Gruppen aus unterschiedlichen kulturellen und sozialen Kontexten, sagte die Untersekretärin. Es gelte zudem, die unterschiedlichen Mentalitäten kennenzulernen. Auch um die "Beteiligung von Frauen allgemein - in den verschiedenen Religionen und der Gesellschaft insgesamt" müsse es gehen. Im Hinblick auf die nahende Synode habe sich schon gezeigt, dass es ein gemeinsames Verständnis gebe, dass Frauen besser beteiligt sein müssten.
Sr. Nathalie Becquart wurde im Jahr 2021 von Papst Franziskus zur Untersekretärin der Bischofssynode ernannt und erhielt damit kraft ihres Amtes als erste Frau überhaupt volles Stimmrecht in der Versammlung. Bereits zuvor war sie Konsultorin des Synoden-Generalsekretariats. Die 1969 in Fontainbleau geborene Ordensfrau der Xaviere-Schwestern studierte Philosophie, Theologie und Soziologie in Paris sowie Ekklesiologie mit Schwerpunkt Synodalitätsforschung in Boston. Im Laufe ihres Werdegangs war sie zudem in französischen Arbeitervierteln, als Studentenseelsorgerin und als Lehrerin im Libanon tätig, sowie ab 2008 für die Französische Bischofskonferenz als Direktorin für Jugendevangelisation und Berufungspastoral. Die BBC nahm sie 2022 in die Liste der 100 am meisten inspirierenden und einflussreichen Frauen ("100 women") auf.
(Diese Meldung ist Teil eines Kathpress-Themenschwerpunkts zur bevorstehenden Bischofssynode, der in den kommenden Wochen laufend aktualisiert wird. Alle Meldungen und Hintergrundberichte zur Weltsynode der katholischen Kirche sind abrufbar unter www.kathpress.at/synodenversammlung2023)