Bei einem Gottesdienst mit Zehntausenden Gläubigen forderte der Papst in Marseille auch einen "neuen Ruck des Glaubens"
Papst: Mittelmeer ist Grab für die Menschenwürde
25.09.202311:41
Bei einem Gottesdienst mit Zehntausenden Gläubigen forderte der Papst in Marseille auch einen "neuen Ruck des Glaubens"
Das Thema Migration stand im Mittelpunkt des Marseille-Besuches von Papst Franziskus am 23./24. September. Bei mehreren Gelegenheiten redete das 86-jährige Kirchenoberhaupt Europa ins Gewissen. Zum Abschluss einer Mittelmeer-Konferenz mit Jugendlichen und Politikern richtete er einen Appell an die Bürger Europas: Der Kontinent müsse mehr Verantwortung bei Aufnahme und Integration von Migranten übernehmen. Das Treffen "Rencontres Mediterraneennes" war Hauptanlass für die zweitägige Papstreise.
Zuwanderung sei kein Notfall, sondern "eine Gegebenheit unserer Zeit", betonte Franziskus. Im Publikum saßen unter anderen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, und die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde. Natürlich gebe es Schwierigkeiten bei Aufnahme, Schutz, Förderung und Integration von Menschen, räumte Franziskus ein. "Aber das Hauptkriterium kann nicht der Erhalt des eigenen Wohlstands sein, sondern vielmehr die Wahrung der Menschenwürde." Neuankömmlinge dürften nicht als Last, sondern müssten als Geschwister angesehen werden.
Erneut forderte der Papst mehr reguläre Einreisemöglichkeiten für Migranten und warb für eine ausgewogene Aufnahme in Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern. Er sprach von einer "unvermeidlichen Integration", die zwar mühsam sei, aber Zukunftschancen biete. Dabei müsse Rücksicht auf kulturelle Unterschiede genommen werden. Wenn alle Beteiligten starr auf eigenen Vorstellungen beharrten, vergrößere dies gesellschaftliche Distanzen. Ghettoisierung und Feindseligkeit seien die Folge.
An seinem ersten Besuchstag in der französischen Mittelmeermetropole war Franziskus auf das massenhafte Sterben von Migranten im Mittelmeer eingegangen. "Wir befinden uns an einem Scheideweg der Zivilisation", sagte er bei einer Gedenkzeremonie für Ertrunkene. Auf der einen Seite verlaufe der Weg der Geschwisterlichkeit. Auf der anderen eine Gleichgültigkeit, die zu Ablehnung und Tod führe. Das Mittelmeer sei zu einem riesigen Friedhof geworden, wo viele Menschen selbst des Rechtes auf ein Grab beraubt würden. "Nur die Menschenwürde wird hier begraben", sagte Franziskus.
Während des Besuchs feierte der Papst auch einen großen Gottesdienst im Stadion des örtlichen Fußballklubs Olympique Marseille. Vor rund 50.000 Menschen in Marseille rief er dabei Europa zu mehr Gemeinwohlorientierung und Nächstenliebe auf. Angesichts eines weltlichen Säkularismus forderte er einen "neuen Ruck des Glaubens". Nur so könne den "Auswüchsen des Individualismus" in der europäischen Gesellschaft entgegengetreten werden. Diese erkranke zunehmend an Zynismus, Resignation und Traurigkeit, beklagte Franziskus. "Wir müssen die Leidenschaft und den Enthusiasmus wiederfinden, den Geschmack am Engagement für die Geschwisterlichkeit wiederentdecken", predigte der Papst.
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