Papst Leo XIV. beim Gedenken an Kirchenversammlung vor 1.700 Jahren - Von Alexander Brüggemann
Istanbul, 21.11.2025 (KAP/KNA) Sie gelten als Treffen der ungeteilten Christenheit: die Ökumenischen Konzilien, deren Auftakt vor 1.700 Jahren das Konzil von Nizäa (Nicäa) bildete. Doch so einig, wie es heute scheint, war sich die Kirche damals keineswegs.
Für die orthodoxen Kirchen - die sich trotz ihrer national und regional höchst unterschiedlichen Ausformungen als eine einzige orthodoxe ("rechtgläubige") Kirche verstehen - endet die Zeit der "Ökumenischen Konzilien" mit dem Zweiten Konzil von Nizäa im Jahr 787. Dabei gehört die Frage, wodurch eine Synode der Alten Kirche zum "Ökumenischen Konzil" wird, nach den Worten des Kirchenhistorikers Klaus Schatz "zu den verwickeltsten" überhaupt.
Faktisch fanden alle sieben "Ökumenischen Konzilien" des ersten Jahrtausends in Kleinasien statt, näherhin in und um Konstantinopel. Die Westkirche mit ihrem Patriarchen, dem Bischof von Rom, war dort deutlich unterrepräsentiert. Gleichwohl wurde in den diversen dogmatischen Streitigkeiten des 4. und 5. Jahrhunderts jenes Glaubensbekenntnis herausgearbeitet, das bis heute für die römisch-katholische (West-) wie auch für die orthodoxe (Ost-)Kirche Gültigkeit hat.
Moskau blockiert Oster-Einigung
Beim allerersten der "Ökumenischen Konzilien", von Kaiser Konstantin I. nach Nizäa - heute Iznik - einberufen, wurde 325 die Grundlagen für das dann 381 fertiggestellte zentrale Glaubensbekenntnis der meisten christlichen Kirchen gelegt, das bis heute gültig ist. Auch wurde bei der Versammlung in Nicäa, die sich in diesem Jahr zum 1.700. Mal jährt, der Termin des höchsten christlichen Festes definiert: Ostern.
Ostern ist ein bewegliches Fest, das am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gefeiert wird. Damit liegt der Termin immer zwischen dem 22. März und dem 25. April. Da allerdings viele Ostkirchen die Gregorianische Kalenderreform von 1582 nicht mitvollzogen haben, variiert der konkrete Ostertermin zwischen Ost und West. Eine Vereinheitlichung wird derzeit wieder stark diskutiert - wobei sich mit der russisch-orthodoxen die weitaus bevölkerungsreichste nationale Ostkirche dagegen sperrt.
Viele der heute als "ökumenisch" kanonisierten Konzilien des ersten Jahrtausends könnten heutigen kirchenrechtlichen Standards nicht mehr genügen. Dazu gehören etwa die Einberufung, Leitung und/oder Bestätigung durch den Papst. Auch die Einladung bestimmter oder repräsentativer Bischöfe war durchaus nicht gewährleistet. Konstantinopel I (381) etwa war sogar explizit regional angelegt, wurde jedoch später gesamtkirchlich rezipiert.
Wie vormoderne Konzilien abliefen
Dass tatsächlich faktisch alle Bischöfe der Weltkirche an einem Konzil teilnehmen und in Ruhe theologische Fragen erörtern könnten, kam erst mit den modernen Reisemöglichkeiten beim Ersten und Zweiten Vatikanischen Konzil (1869/70 und 1962-1965) in den Blick.
In all den Jahrhunderten zuvor bedeutete ein Konzil für teilnehmende Bischöfe zumeist, über eine sehr lange Zeit nicht in ihrer Diözese sein zu können - mithin gegebenenfalls sogar drohenden Leitungs- und Kontrollverlust. Umgekehrt fühlten sie sich beim Konzil selbst unter Zeitdruck, waren oft schlecht informiert und insofern in der Gefahr von Manipulierbarkeit.
Auch aus einem anderen Grund sieht Klaus Schatz die Konzilien der "ungeteilten Christenheit" des ersten Jahrtausends als eine historische Idealisierung. Denn ihre Lehrstreitigkeiten wurden mit aller Härte geführt, die theologisch "Besiegten" oft abgesetzt und sie und ihre Anhänger aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen. Da bekommt das Kriterium der "allgemeinen Rezeption" schon einen Beigeschmack.
Kirchenspaltungen gab es schon früh
Und: Auch in den ersten Jahrhunderten gab es bereits dauerhafte Kirchenspaltungen, etwa im Zuge des Konzils von Chalcedon (451), die der Altorientalischen oder Miaphysitischen Kirchen, darunter etwa die ägyptischen Kopten oder die armenische Staatskirche. Diese gehörten nicht zum römischen Reichsgebiet und waren daher erst gar nicht eingeladen.
Im Hochmittelalter bildete sich im Westen ein Typus von Konzilien aus, die vom Papst, nicht mehr vom Kaiser einberufen und geprägt wurden. Die Zählung dieser Papst- und Reformkonzilien als "ökumenisch" dauert unterdessen fort - auch wenn die orthodoxen Kirchen nicht mehr daran teilnahmen und teilnehmen. Eine Ausnahme bildeten die (letztlich erfolglosen) Versuche der "Unions-", also Wiedervereinigungskonzilien von Lyon (1274) und Ferrara-Florenz (1438/39).
(Diese Meldung ist Teil eines Themenschwerpunkts zum Besuch von Papst Leo XIV. in der Türkei und im Libanon. Alle Meldungen sind abrufbar unter www.kathpress.at/papst-tuerkei-libanon)