Konferenz der zivilgesellschaftlichen Initiative "Kindertafel" an Budapester Ordens-Hochschule Sapientia - Experte: Auseinandersetzung mit Thema Kindesmissbrauch in Mittelosteuropa besonders komplex
Budapest, 14.11.2025 (KAP) Die zivilgesellschaftliche Initiative "Kindertafel" setzt sich weiter für Verbesserungen beim Kinderschutz in der katholischen Kirche und anderen gesellschaftlichen Bereichen in Ungarn ein. Am Donnerstag (13. November) veranstaltete die Arbeitsgruppe an der Sapientia-Hochschule für Theologie der Ordensgemeinschaften in Budapest eine Konferenz, um einen breiten gesellschaftlichen Dialog anzustoßen. Im Mittelpunkt standen internationale Erfahrungen im Kinderschutz, wobei besonders Frankreich, Deutschland und Polen in den Blick genommen wurden. Kinderschutzbeauftragte aus Diözesen und Ordensgemeinschaften nahmen ebenso teil wie nicht-kirchliche Fachleute.
Ziel sei es, den Dialog gegenüber dem zivilen, wissenschaftlichen und fachlichen Umfeld zu öffnen und ein gemeinsames Nachdenken über Kinderschutz, Transparenz und kirchliche Verantwortung anzuregen, erklärte Erzabt Cirill Hortobagyi auf Anfrage der Nachrichtenagentur Kathpress (Freitag). "Wir brauchen äußere Impulse und die objektiven Einsichten von Fachleuten, damit wir aus einer engen Perspektive heraustreten können. Aber auch die Fachleute brauchen die innere kirchliche Sichtweise - nur so kann etwas Gutes entstehen", sagte der Erzabt von Pannonhalma, der eines von mehreren Mitgliedern der Plattform "Kindertafel" ist.
Tibor Görföl, Theologe und ebenfalls Mitglied der Arbeitsgruppe, betonte, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema Kindesmissbrauch in Mittelosteuropa besonders komplex und schwer handhabbar sei, da auch der gesellschaftliche und historische Kontext schwierig ist. Es gebe eine "irrationale Abwehrreaktion", wonach jede Thematisierung innerkirchlicher Probleme von vielen als Angriff auf die Kirche wahrgenommen werde.
Experte: Opfern zuhören
Ein weiteres Hindernis sei die mangelnde Aufarbeitung der historischen Vergangenheit: Die Kirchen hätten in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg manchmal mit repressiven Systemen kooperiert und stellten sich dennoch häufig ausschließlich als Opfer dar. "Wir sind gleichzeitig Täter und Opfer - das schafft eine Art 'schizophrene' Situation und verstärkt die Irrationalität", sagte Görföl. Er hob hervor, dass es in Mitteleuropa nur dann Fortschritte geben könne, wenn die Kirche bereit ist, die Vergangenheit offenzulegen und den Opfern zuzuhören. Nur darauf könne auch Präventionsarbeit aufbauen.
Zur Situation des kirchlichen Kinderschutzes in Ungarn erklärten die beiden Ordensmitglieder der Arbeitsgruppe, neben Erzabt Hortobagyi ist das der ehemalige Franziskaner-Provinzial Benedek Dobszay, dass sich die Anfang 2025 gegründete "Kindertafel" die Aufgabe gestellt habe, auf Gesellschaft und Kirche einzuwirken. Ihre Besonderheit bestehe darin, kirchliche und weltliche Fachleute - darunter Journalistinnen und Journalisten, Kinderrechtsanwälte, Sozialwissenschaftler, Schulträger und auch Betroffene - an einen Tisch zu bringen, sodass unterschiedliche Perspektiven zusammenkommen. Ziel sei es, Aufmerksamkeit zu erzeugen und Öffentlichkeit herzustellen.
Plädoyer für Länderbericht
Ein erster Schritt war die Veröffentlichung des Sammelbandes "Missbrauchtes Vertrauen" sowie die Einrichtung einer Website. Die Arbeitsgruppe führt regelmäßige Hintergrundgespräche, ihr langfristiges Ziel ist ein Länderbericht, der Hintergründe und Lehren aus Missbrauchsfällen aufarbeiten soll. Abt Hortobagyi betonte, dass einer solchen Untersuchung eine gründliche Überlegung vorausgehen müsse und sie entweder von der Bischofskonferenz oder vom Staat in Auftrag gegeben werden könne. "Es gibt Beispiele, in denen ein Orden oder eine Diözese eine solche Untersuchung intern angeordnet hat. Vielleicht ist dies der Weg: dass zunächst in einzelnen Bereichen solche Erfahrungen gemacht werden. Wenn sich das herumspricht, kann es die Angst in der Kirche mindern", sagte er.
Dobszay ist der Ansicht, dass die Arbeitsgruppe "Vorarbeit leisten" könne, und zwar sowohl durch Bewusstseinsbildung als auch methodisch, etwa durch die Erstellung von Informationsmaterialien. Ob tatsächlich ein Länderbericht zustande kommen wird, kann Dobszay nicht sagen. "Wir sind diesem Ziel näher gekommen, aber ich bin nicht allzu optimistisch", sagte der Franziskaner. Der aus der Vergangenheit stammende "irrationale Rahmen" beeinflusse überall in Mittel- und Osteuropa die kirchliche Reaktion. Dies werde sich nicht von einem Tag auf den anderen ändern, es gelte aber kontinuierlich weiterzuarbeiten. "Wir haben Routinen und Reflexe, die wir bearbeiten müssen - das ist eine sehr große und nervenaufreibende Aufgabe", Dobszay.
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