Festakt in Wien mit Spitzen aus Politik, Kirche und Gesellschaft zum Jubiläum des Hauses der Barmherzigkeit - Stadt Wien zeichnet Direktor Gisinger mit Goldenem Ehrenzeichen aus
Wien, 13.11.2025 (KAP) Mit einem Festakt in Wien hat das Haus der Barmherzigkeit am Donnerstagabend sein 150-jähriges Bestehen gefeiert. Über 500 Gäste aus Politik, Kirche und Gesellschaft kamen in der Akademie der Wissenschaften zusammen, um die seit 1875 andauernde Erfahrung des "großartigen Zusammenwirkens von Menschen und Fügungen" und der "Offenheit für Inspiration" zu würdigen, wie Kardinal Christoph Schönborn als Protektor des in Wien und Niederösterreich tätigen gemeinnützigen Trägers für Langzeitpflege und Betreuung formulierte. Gemeinsam mit seinem designierten Nachfolger an der Spitze der Erzdiözese Wien, Josef Grünwidl, sprach er einen Segen für die Zukunft des Hauses.
Unter den Festgästen begrüßte Institutsdirektor Christoph Gisinger aus der Politik unter anderem Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig, Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister und den Wiener Stadtrat Peter Hacker, der Gisinger für dessen jahrzehntelangen Verdienste um Innovation im Pflegewesen das Goldene Ehrenzeichen der Stadt Wien verlieh. Gisinger sei ein Garant, "dass Wien Stadt der Menschlichkeit und des Miteinanders bleibt, die niemanden zurücklässt"; die von ihm geleitete Einrichtung stehe "für Sicherheit und Zuwendung für die Bewohner ebenso wie für professionelles Management und ständige Innovation". Auch zahlreiche ehemalige Regierungsmitglieder waren zugegen sowie langjährige Unterstützer des Hauses, darunter Erbprinzessin Sophie von und zu Liechtenstein, Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart und Tanzschulinhaber Thomas Schäfer-Elmayer.
Als "Haus der Warmherzigkeit" bezeichnete Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig die gefeierte Einrichtung, die zudem auch Ort der Professionalität und Menschlichkeit in herausfordernden Zeiten für die Gesundheitspolitik sei. Während in der Öffentlichkeit oft über Systeme und Fallzahlen gesprochen werde, erinnere das Haus der Barmherzigkeit daran, dass im Mittelpunkt immer der Mensch stehen müsse. Sie dankte allen Mitarbeitenden, "Pflege als Berufung zu leben", und sprach von einem "Pioniergeist, der Fürsorge, medizinische Betreuung und Pflege vereint".
Über Barmherzigkeit und Wissenschaft ging es im Festvortrag vom Rektor der Medizinischen Universität Wien, Markus Müller. Barmherzigkeit heiße, sich um Kranke zu kümmern, ohne dabei auf den eigenen Vorteil zu zielen; Wissenschaft, "dass die Welt erkennbar ist", was aber immer nur rudimentär möglich sei. Sie ermögliche aber zugleich neue Hilfen wie etwa KI-Anwendungen in der Medizin, die durch Zeitersparnis den hier Beschäftigten "wieder mehr Raum für Barmherzigkeit" gewähren solle, sagte Müller. Sein Fazit: "Barmherzigkeit hat mit Transzendenz zu tun, Wissenschaft mit Bescheidenheit."
Entstanden aus religiöser Bruderschaft
Direktor Gisinger blickte auf die Gründung der Einrichtung zurück. Wien sei in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rasant gewachsen, jedoch auch seine sozialen und hygienischen Probleme. Daher habe man damals etwa Tuberkulose als "morbus vienensis" bezeichnet. Fromme Bürger um den Buchdruckereibesitzer Franz Eipeldauer gründeten damals eine Bruderschaft zur Heiligen Dreifaltigkeit für die Pflege von armen Kranken "unabhängig von Herkunft und Glauben", die 1875 das erste Haus in Wien-Währing errichtete. Die kostenlose ärztliche Betreuung sei "eine Besonderheit, die es bis heute geblieben ist", so Gisinger. Der New Yorker Arzt Ignaz Nascher, davon bei einem Besuch inspiriert, habe 1909 den Begriff "Geriatrie" entwickelt.
Der Institutsdirektor erinnerte an die "nicht bruchfreie" Geschichte des Hauses, das auch die Kriegs- und Nachkriegsjahre, Enteignung und Verluste in der NS-Zeit erlebt habe. Nach Wiederaufbau und Restitution in den 1950er-Jahren habe die Einrichtung erneut Ansehen gewonnen, bekräftigt etwa durch den Besuch Johannes Pauls II. im Jahr 1983. Heute betreut das Haus der Barmherzigkeit rund 1.700 Patientinnen und Patienten an sieben großen Pflegeeinrichtungen sowie 24 Standorten für Menschen mit Behinderungen. "Unser Auftrag ist zu helfen, wo es besonders notwendig ist - nicht, weil es leicht ist, sondern weil es schwierig ist, etwa weil es keine Strukturen gibt. Wir machen das Gegenteil vom Rosinenpicken", so Gisinger.
Aus dieser Haltung entstanden spezialisierte Einrichtungen, darunter Stationen für Wachkoma, fortgeschrittene Multiple Sklerose, neurochirurgische und psychogeriatrische Patienten, das Kinderpflegedomizil Fridolina sowie das Hospiz Camillus. Das Haus der Barmherzigkeit ist heute der größte gemeinnützige Pflegeheimträger Niederösterreichs, forscht zu Pflege, Inklusion und Sozialkompetenz in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien, ist Spezialist für mehrfache Behinderungen und versteht sich als "lernende Institution". Erst kürzlich war die gemeinnützige Einrichtung als Österreichs bester Arbeitgeber im Bereich Gesundheit und Soziales ausgezeichnet worden. Der Rückblick erfülle ihn mit Zuversicht, sagte Gisinger. Man wolle Versorgungslücken schließen, Kooperationen mit Spitälern ausbauen und neue Projekte wie etwa ein neuartiges Seniorenwohn-Projekt in Horn oder Konzepte zur Förderung der Inklusion umsetzen.
Festschrift lässt das Leben hochleben
Als Motto des Jubiläums war "Es lebe das Leben" gewählt worden. Das ist auch der Titel einer 150-seitigen Festschrift, die außer dem geschichtlichen Rückblick einen Fokus auf die tragenden Grundsätze der Einrichtung legt. Dazu gehören das Erkennen von Not und tatkräftige Hilfe, die aktive Forschungs- und Lehrtätigkeit, die Betonung der Lebensqualität bis zum Schluss in der Medizin, die Förderung der Selbstbestimmtheit durch Inklusion und das Weitertragen seines Gründergeistes durch die Mitarbeitenden in Gegenwart und Zukunft mit Betonung auf wertschätzendes Miteinander. Enthalten sind ferner die Sujets, mit denen das Haus der Barmherzigkeit in seiner Öffentlichkeitsarbeit positive, lebensbejahende und bunte Zugänge zu Behinderung, Krankheit und Alter schafft.
Teil des aufwändig gestalteten Bandes ist neben Grußworten von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Christian Stocker und Bürgermeister Michael Ludwig auch ein mehrseitiges Interview mit Kardinal Schönborn, der die Einrichtung in seinen 30 Jahren als Wiener Erzbischof maßgeblich geprägt hat. Eine "große Liebe" zum Haus der Barmherzigkeit sei in dieser Zeit gewachsen, erklärte der emeritierte Wiener Oberhirte darin. Angesichts eines steigenden gesellschaftlichen Drucks auf ältere und kranke Menschen sei christliches Engagement für die Not der Betroffenen von vorrangiger Bedeutung.
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