Jugend-Eine-Welt Geschäftsführer Heiserer: "Chance Kinderarbeit zu verhindert leider vertan"
Wien, 13.11.2025 (KAP) Das Europaparlament hat am Donnerstag für weitreichende Lockerungen des EU-Lieferkettengesetzes gestimmt: Konkret werden zahlreiche Unternehmen von den Berichtspflichten ausgenommen, Klimasorgfaltspflichten für Unternehmen gestrichen, der Anwendungsrahmen stark eingeengt und eine EU-weite Haftung für Verstöße gegen das Gesetz gestrichen. Die Entschärfung des Lieferkettengesetzes bezeichnete Jugend-Eine-Welt Geschäftsführer Reinhard Heiserer als "klaren Rückschritt" und "Schlag ins Gesicht für 138 Millionen Mädchen und Buben, die laut Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO von Kinderarbeit betroffen sind".
Ein starkes Lieferkettengesetz hätte Kindern Zukunftsperspektive geben können und "Unternehmen in ihrer Produktionskette auf die Finger geschaut", meinte Heiserer. Das nun beschlossene EU-Lieferkettengesetz besagt, dass nur noch Großunternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro von den verschärften Vorschriften betroffen sind. "Ein klarer Rückschritt, denn ursprünglich war eine deutlich geringere Grenze von 1.000 Mitarbeitenden und 450 Millionen Euro Umsatz vorgesehen", kritisierte das Hilfswerk.
"Anstatt in die Schule gehen zu können, droht Millionen Mädchen und Buben nun weiterhin das Schicksal, als Arbeitskraft eingesetzt zu werden", so Heiserer. Die Chance, Kinderarbeit zu verhindern, sei damit vertan. "Vielen Menschen bei uns in Österreich ist nicht bewusst, dass das Thema missbräuchliche Kinderarbeit etwas mit ihrem eigenen Leben zu tun hat", erklärte Heiserer und nannte etwa Schokolade, Handys, Gold, Kaffee, Zucker, Tee, Baumwolle, Kleidung oder Tabak, bei dessen Produktion oder Ernte oft Kinderarbeit steckt.
Österreichische Entwicklungsorganisationen wie Jugend Eine Welt, die Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, FAIRTRADE Österreich, Solidar Austria (ÖGB), Kindernothilfe Österreich und Butterfly Rebels setzen sich bereits seit Jahren als Mitglieder der Initiative "Kinderarbeit stoppen", für ein starkes europäisches Lieferkettengesetz ein (Link: www.kinderarbeitstoppen.at).
Besorgt zeigte sich auch die Menschenrechtsorganisation Südwind, die vor allem "den Wortbruch der Europäischen Volkspartei" kritisierte, wie es in einer Aussendung heißt. "Anstatt Haltung zu beweisen, stimmen Konservative gemeinsam mit rechtsextremen und EU-feindlichen Gruppen. Die viel zitierte Brandmauer gegen Rechts wird damit umgestoßen und die Glaubwürdigkeit des Parlaments untergraben", mahnte Lena Gruber, Südwind-Sprecherin für gerechte Lieferketten.
Ursprünglich als Meilenstein, um Ausbeutung, Kinderarbeit und Umweltzerstörung zu verhindern, sei das Lieferkettengesetz durch die erneuten Abschwächungen "zum zahnlosen Papiertiger" geworden, so Gruber.