Wiener Caritasdirektor fordert österreichweite Reform der Sozialhilfe "mit Mindestsätzen statt Höchstgrenzen"
Wien, 12.11.2025 (KAP) In Reaktion auf die Veröffentlichung der Sozialhilfestatistik der Statistik Austria hat der Wiener Caritasdirektor Klaus Schwertner eine österreichweite Reform für eine einheitliche und armutsfeste Sozialhilfe - mit Mindestsätzen statt Höchstgrenzen - gefordert. "Über Einsparungen hier lässt sich kein Budget sanieren", pflichtete Schwertner Sozialministerin Korinna Schumann auf sozialen Plattformen bei. Sozialhilfe sichere nicht Luxus, sondern das Überleben, schütze vor Hunger, Wohnungsnot und Ausgrenzung. "Wir dürfen nicht zulassen, dass das letzte Netz noch brüchiger wird", warnte Schwertner am Mittwoch in einem Thread im sozialen Netzwerk BlueSky.
Die Zahl der Sozialhilfebezieher ist mit 4,5 Prozent leicht gestiegen. 205.000 Menschen waren im Vorjahr auf die Sozialhilfe angewiesen. Trotzdem sei der Anteil der Sozialhilfe am Gesamtbudget gering, so der Caritasdirektor. Die Ausgaben machten nur 0,27 Prozent des BIP aus. Kürzungen würden darum kaum Sparpotenzial bieten, hingegen Armut, insbesondere Kinderarmut, forcieren. "Die Folgekosten wären für die Gesellschaft weit höher als das Einsparpotenzial." Für Investitionen in einen armutsfesten Staat gäbe es auch Rückendeckung aus der Bevölkerung, verwies Schwertner auf eine Befragung, die Foresight-Institut für die Caritas durchgeführt hat. Dort gaben 74 Prozent an, Investitionen in den Sozialstaat gutzuheißen.
Schwertner wies auch öffentliche Debatten zurück, in denen behauptet wird, die hohe Sozialhilfe halte Menschen davon ab, zu arbeiten, denn die Statistik zeige, dass der Großteil der Bezieher nicht arbeiten könne: 37 Prozent sind Kinder, rund 8 Prozent aufgrund von Erkrankungen oder Behinderungen nicht arbeitsfähig, 7 Prozent Pensionistinnen und 5 Prozent Personen mit Fürsorgepflichten, etwa pflegende Angehörige. Weitere 8 Prozent der Empfängerinnen würden arbeiten, verdienten aber so wenig, dass sie mit Sozialhilfe aufstocken müssten. "Und die 35 Prozent Arbeitssuchenden müssen mit aktiver Arbeitsmarktpolitik unterstützt werden, statt sie mit drohenden Kürzungen unter Druck zu setzen", klagte Schwertner ein.
Hilfsorganisation drängt auf bundesweit einheitliche Sozialhilfe, Mindeststandards und Kindergrundsicherung - Präsidentin Tödtling-Musenbichler: "Sozialhilfe reicht nicht zum Leben"
Caritasdirektor Schwertner warnt vor Anstieg armuts- und ausgrenzungsgefährdeter Kinder und fordert Einhaltung der Grundversorgungsquote in allen Bundesländern - 10.000 subsidiär Schutzberechtigte laut Diakonie betroffen