Scharfe Worte Haliks zu Wahlausgang und künftiger Regierung in Prag
12.11.202514:56
Tschechien/Gesellschaft/Politik
Bekannter Theologe und Publizist warnt vor möglichen Folgen für Demokratie und Gesellschaft
Prag, 12.11.2025 (KAP) Der renommierte tschechische Theologe und Publizist Tomás Halík hat das jüngste Ergebnis der Parlamentswahlen und die bevorstehende Drei-Parteien-Regierungskoalition unter Führung der populistischen Bewegung ANO von Andrej Babis mit scharfen Worten kommentiert. Ausdrücklich warnte er im Sender "TV Noe" vor möglichen Folgen für Demokratie und Gesellschaft.
"Jetzt entscheidet sich, ob wir nur eine schlechte Regierung haben werden, weil sie aus jenen zusammengesetzt ist, die allen alles versprochen haben, oder ob wir eine sehr schlechte, gefährliche Regierung bekommen werden", erklärte Halík bereits am 3. November, nur wenige Stunden bevor Babis den Koalitionsvertrag mit der SPD und den Motoristen unterzeichnete. Unter den Kandidaten für Ministerposten seien einige, die "direkt oder indirekt Verbündete jener Kräfte sind, die unser Land bedrohen - machen wir uns da nichts vor".
"Die Wahlen halten uns stets einen Spiegel vor", setzte der Theologe fort. "Sie zeigen den wirklichen moralischen und intellektuellen Zustand der Gesellschaft. Und geben wir es zu: Diesmal war der Blick darin nicht besonders ermutigend. Diejenigen, die nichts dafür getan haben, die Demokratie zu bewahren, oder die unverantwortlich Demagogen und Populisten gewählt haben, werden sich vor dem Gericht Gottes verantworten müssen", so Halík.
Bereits vor vielen Jahren hatte der bekannte Intellektuelle betont, dass die Demokratie "eine moralische Biosphäre" benötige. Dabei konnte er auf die Erfahrungen nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft in Tschechien hinweisen, die zwar politische Freiheit brachte, aber nicht automatisch eine lebendige demokratische Kultur garantierte.
Laut Halík bergen insbesondere populistische oder illiberale Tendenzen erhebliche Risiken für die demokratische Struktur. In einer Rede vor der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes 2023 warnte er zudem davor, dass Populisten, Nationalisten und religiöse Fundamentalisten Ängste ausnutzen könnten - etwa Identitäts- oder Sicherheitsängste - und damit eine ernsthafte demokratische Auseinandersetzung ersetzen würden. In Bezug auf die neue Regierung äußert Halík somit indirekt die Befürchtung, dass eine Rückkehr zu autoritären Mustern, zur Schwächung von pluralistischer Debattenkultur und zur Verengung des politischen Raumes bevorstehen könnte.