Polen drohe als souveräner Staat zu verschwinden und von Brüssel oder Berlin aus regiert zu werden, predigte der Erzbischof Jedraszewski am Unabhängigkeitstag - Staatspräsident Nawrocki: Christliche Werte verteidigen
Krakau/Warschau, 12.11.2025 (KAP/KNA) Der Krakauer katholische Erzbischof Marek Jedraszewski fürchtet den Verlust der polnischen Unabhängigkeit und lehnt daher zu große Machtbefugnisse der EU ab. "Es wird immer realistischer, dass Polen als souveräner Staat verschwindet" und in einem "europäischen Superstaat" aufgehe, dessen Hauptstadt Brüssel oder Berlin sei, sagte er in einer Predigt zum polnischen Unabhängigkeitstag am Dienstag in der Kathedrale von Krakau.
Nach Angaben seiner Erzdiözese verwies Jedraszewski dabei darauf, dass angeblich 14 Prozent der Polen ihr Heimatland hassten. Tatsächlich gaben laut einer viel diskutierten Studie des Psychologie-Instituts der Polnischen Akademie der Wissenschaften 14 Prozent der Befragten an, sie "schämten" sich für das Land Polen.
Militärbischof: Dem Vaterland dienen
Die Polen sollten nicht aufhören, für ihr Vaterland zu arbeiten und ihm zu dienen, so der Krakauer Erzbischof. Polens katholischer Militärbischof Wieslaw Lechowicz warb bei einer Messe in Warschau, an der auch Staatspräsident Karol Nawrocki teilnahm, ebenfalls dafür, nicht nur an Feiertagen an Polen zu denken. Obgleich Polen ein unabhängiger Staat sei, müssten seine Landsleute sich dauernd um die Freiheit ihres Landes kümmern, so Lechowicz.
Er sprach sich für Patriotismus aus und warnte zugleich vor einem Überlegenheitsgefühl gegenüber anderen Völkern: "Das Aufbauen positiver Beziehungen zu Ausländern, die sich in Polen aufhalten, ist auch ein Ausdruck der Heimatliebe."
Nawrocki: Christliche Werte verteidigen
Präsident Nawrocki selbst rief am Unabhängigkeitstag zur Verteidigung christlicher Werte auf. Vor Tausenden Menschen auf dem Warschauer Pilsudski-Platz fragte er in einer Rede: "Wo sind unsere christlichen Werte geblieben, die das Fundament der Republik Polen bildeten?" Fremde Ideologien wollten diese Werte gegenwärtig aus polnischen Schulen verdrängen.
"Das ist nicht polnisch", so Nawrocki. Als Präsident werde er niemals zulassen, dass Polen wieder zum "Papagei der Nationen" werde, "der willenlos wiederholt, was aus dem Westen kommt". Das nationalkonservative Staatsoberhaupt fügte hinzu, er befürworte Polens Mitgliedschaft in der EU. Vor allem aber gelte für ihn die Devise: "Polen zuerst, die Polen zuerst!" Polen müsse frei, unabhängig und souverän sein.
Wodurch konkret christliche Werte aus seiner Sicht in der Schule bedroht werden, führte Nawrocki nicht aus. Offenbar spielte er auf das neue Wahlfach "Gesundheitserziehung" an, in dem auch die Rechte von LGBTQ-Personen thematisiert werden sollen.
Der Unabhängigkeitstag erinnert an die Wiedergründung des polnischen Staates 1918 nach dem Ersten Weltkrieg. Damals endeten in Polen 123 Jahre Fremdherrschaft durch die Teilungsmächte Preußen bzw. Deutsches Kaiserreich, Österreich-Ungarn und Russland.