Neue Friedensdenkschrift der der Evangelischen Kirche in Deutschland sorgt für Widerspruch
Bonn, 11.11.2025 (KAP/KNA) 70 Friedensorganisationen beklagen mit Blick auf eine aktuelle Friedensdenkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eine "nukleare Zeitenwende". Das Aktionsbündnis "atomwaffenfrei.jetzt" kritisierte am Dienstag das am Vortag vorgestellte Papier "Welt in Unordnung - Gerechter Frieden im Blick" als "Kapitulation der christlichen Friedensethik vor der staatlichen Aufrüstungsraison".
Dem Bündnis gehören auch viele kirchliche Gruppen an. Es bedauert den Rückfall der EKD in "längst überholt geglaubte Positionen für die Rechtfertigung nuklearer Abschreckung". Dass nun öffentlich der Eindruck entstehe, der Besitz von Atomwaffen sei friedensethisch vertretbar, hält das Aktionsbündnis für verheerend und gefährlich.
Frist für Atomwaffen abgelaufen
"Die seit Jahrzehnten zugestandene Gewährung einer Noch-Frist für eine Akzeptanz von Atomwaffen durch die Kirchen ist längst abgelaufen. Das hat Papst Franziskus bereits 2019 in seiner Rede in Hiroshima festgestellt, als er den Besitz von Atomwaffen als unmoralisch geißelte" betonte Martin Singe, Sprecher des Aktionsbündnisses. Die Atomwaffenstaaten seien ihrer Verpflichtung zu nuklearer Abrüstung aus dem Nichtverbreitungsvertrag nicht einmal ansatzweise nachgekommen und hätten somit die ethische Duldungsfrist verwirkt. "Wir erwarten daher von der evangelischen Kirche keine Legitimation dieser Politik, sondern einen klaren, friedensethisch begründeten Ruf nach sichtbaren Schritten zu einer Welt ohne Atomwaffen." Das Aktionsbündnis hofft auf Widerspruch der evangelischen Kirchenbasis gegen das Papier.
Die Ratsvorsitzende der EKD, Bischöfin Kirsten Fehrs, hatte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland den Nutzen einer atomaren Abschreckung ausdrücklich anerkannt. Die Hamburger Bischöfin sagte: "Nachdem die Ukraine auf Nuklearwaffen verzichtet hat, ist sie Opfer russischer Aggression geworden." Der einseitige Verzicht auf Atomwaffen könne eine aggressive Diktatur ermutigen, ein anderes Land zu überfallen. Ethisch zu rechtfertigen seien Atomwaffen dennoch nicht: "Wir müssen uns daher unbedingt weiter für eine Welt ohne Atomwaffen einsetzen, das steht für mich außer Frage."
Die rund 150 Seiten umfassende Denkschrift der EKD wurde seit 2023 erarbeitet. Sie versucht, die verschiedenen Strömungen innerhalb der Kirche abzubilden, die teils sehr unterschiedliche friedenspolitische Vorstellungen haben.
Erste große friedensethische Positionierung der deutschen Protestanten seit 2007 polarisiert innerhalb der EKD und bei Friedensgruppen - Über Atomwaffen und hybride Kriegsführung