Festakt in Salzburg würdigte Konzilserklärung zum Verhältnis der Kirche zu anderen Religionen - Erzbischof Lackner: Dialog als Bekenntnis zur Geschwisterlichkeit - Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Glaubensgemeinschaften betonen Verantwortung für Frieden und Zusammenhalt
Salzburg, 11.11.2025 (KAP) Mit einem Festakt haben die "Kommission Weltreligionen" der Österreichischen Bischofskonferenz und die Erzdiözese Salzburg am Montag das 60-Jahr-Jubiläum der Konzilserklärung "Nostra Aetate" gefeiert. Unter dem Motto "Mit Hochachtung und Respekt..." erinnerten Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Religionen in Salzburg an den Aufbruch des Zweiten Vatikanischen Konzils im Verhältnis der Kirche zu nichtchristlichen Religionen. "Dialog ist weder eine Taktik noch ein Werkzeug, sondern eine Lebensweise - eine Reise des Herzens, die alle Beteiligten verändert", zitierte der Salzburger Theologe Gregor Maria Hoff Papst Leo XIV. und sprach von einer "echten Ermutigung" zu einem stets neuen Miteinander.
In seiner von Weihbischof Hansjörg Hofer gelesenen Grußbotschaft erinnerte Erzbischof Franz Lackner an die gleichzeitigen Jubiläen von "Nostra Aetate" und dem Glaubensbekenntnis von Nizäa. Während das Konzil von Nizäa den Glauben an den dreifaltigen Gott formulierte, habe die Erklärung "erstmals den Blick auf das Verhältnis zu den Religionen der Welt" gerichtet, so Lackner und zitierte aus dem Dokument: "Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist."
Besonders hob der Erzbischof den Bezug zu Judentum und Islam hervor. Mit Blick auf das Judentum erinnerte er daran, dass die Konzilsväter "klar und deutlich die Gräuel des Antisemitismus in all seinen Formen beklagt" hätten. Somit sei "ein Angriff auf das Judentum ein Angriff auf den Ursprungsort unseres Glaubens und damit auf die Kirche." "Nostra Aetate" sei damit nicht nur ein Text über den Umgang mit anderen Religionen, sondern "ein Bekenntnis zum geschwisterlichen Miteinander aller Menschen, Gläubiger und Nicht-Gläubiger", also zur universalen Brüderlichkeit.
Unter den Teilnehmenden waren u.a. Rama Mahli (Hindu Gemeinde Salzburg), Hanna Feingold (Mitglied der IKG Salzburg), Erika Erber (Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft), Ümit Vural (Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich), Gursimran Kaur (Sikh Gemeinde), Florian Welzig (Bundeskanzleramt Sektion Integration, Kultusamt und Volksgruppen), Dietmar Winkler (Dekan Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Salzburg) sowie der Vorsitzende der diözesanen Kommission für interreligiösen Dialog, Markus Ladstätter.
Weg vom Absolutheitsanspruch
Für Winkler, Professor für Patristik und Kirchengeschichte, ist die katholische Kirche mit "Nostra Aetate" vom eigenen Absolutheitsanspruch weggegangen, "aber nicht vom Wahrheitsanspruch". Sie hat damit auch anderen Religionen die Möglichkeit des Heils zugesprochen.
Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Religionen beleuchteten die Bedeutung des Textes für die Gegenwart. Ümit Vural, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, bezeichnete "Nostra Aetate" als "Meilenstein", der die Grundlage für einen "achtbaren und respektvollen Dialog" gelegt habe: "Für uns Muslime war und ist Nostra Aetate ein Meilenstein", der daran erinnere, dass Christinnen und Christen für die gemeinsame Menschheitsfamilie verantwortlich sind. Er verwies auf das gemeinsame christlich-muslimische Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen von Abu Dhabi 2019 als Fortsetzung. "Gleichzeitig sind wir uns der Herausforderungen bewusst", es könne nur eine gemeinsame Antwort auf Hass und Ausgrenzung geben.
Hanna Feingold von der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg betonte, Dialog lebe "von den Menschen, die ihn mit Leben erfüllen". Kurt Krammer von der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft hob die Idee der "Menschheitsfamilie" hervor und plädierte dafür, den interreligiösen Dialog stärker in die Schulen zu tragen. Rama Mahli von der Hindu-Gemeinde Salzburg erinnerte daran, dass "jede Religion einen Wert" habe, während Gursimran Kaur von der Sikh-Gemeinde das "Verwerfen des Absolutheitsanspruchs" als "Revolution" bezeichnete.
Dialog bleibt Auftrag
Das Schlusswort hielt Markus Ladstätter, Vertreter der Diözese Graz-Seckau, der im Namen von Militärbischof Werner Freistetter, Vorsitzender der Bischöflichen Kommission für Weltmission, sprach. Ein Dank gelte "allen, die sich beim Zweiten Vatikanischen Konzil im Sinne von Nostra Aetate durchgesetzt haben" und jenen, "die den Dialog bis heute weitertragen".
Die "Kommission Weltreligionen" der Österreichischen Bischofskonferenz koordiniert seit vielen Jahren die interreligiöse Zusammenarbeit in Österreich. Die nächste Tagung in Kooperation mit St. Virgil Salzburg und mehreren theologischen Hochschulen ist für den 22. April 2026 geplant und steht unter dem Thema "Religionen und Frieden".
Vatikan fasst Haltung zu Nichtchristen neu
"Nostra Aetate" gilt als "Meilenstein" in den Beziehungen der katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen und wird teils auch als "Neuanfang", "Magna Carta" oder gar "Kopernikanische Wende" bezeichnet. Die Erklärung wurde am 28. Oktober 1965 vom Zweiten Vatikanischen Konzil mit 96-prozentiger Zustimmung verabschiedet. In dem Dokument unterstrich die Kirche ihre Wertschätzung gegenüber anderen Religionen und eröffnete mit ihnen Dialog und Zusammenarbeit. Schon damals hieß es, man werde das gesamte Konzil nach dieser Erklärung beurteilen.
Die Öffnung zu den anderen Religionen gehört zu den großen Errungenschaften des Konzils (1962-1965). "Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist" - mit diesen Worten beendete "Nostra Aetate" die lange Ära von Abgrenzung und Feindschaft. Papst Johannes XXIII. (1958-1963) hatte ursprünglich nur eine Erklärung zum Judentum geplant. Sie war nach Einwänden von arabischer Seite jedoch nicht zustande gekommen, sondern wurde schließlich als ein Unterkapitel in die umfangreichere Endfassung aufgenommen.
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