Ungarischer Regierungspolitiker Azbej bei Veranstaltung "Christenverfolgung - Wege aus der Ohnmacht" in Wien - Bundeskanzleramt-Expertin: "Schweigen hilft den Tätern, Sichtbarkeit schützt die Opfer" - VP-Abgeordnete Kugler: Österreich muss "viel konsequenter als bisher" gegen Christenverfolgung und Einschränkungen der Religionsfreiheit handeln
Wien, 11.11.2025 (KAP) Öffentliches Bewusstsein für die Lage verfolgter Christen zu schaffen, "rettet Leben". Das hat der für das Programm "Hungary Helps" verantwortliche ungarische Staatssekretär Tristan Azbej bei einem Besuch in Wien betont. Mehr als 380 Millionen Christinnen und Christen in mehr als 50 Ländern weltweit seien von Verfolgung und Diskriminierung betroffen, und täglich würden 13 Christen wegen ihres Glaubens ermordet, sagte er am Montagabend bei einer Veranstaltung im Palais Epstein des österreichischen Parlaments. Es handle sich um "eine der größten und gleichzeitig am meisten geleugneten Menschenrechtskrisen der Zeit". Regierungen und internationale Organisationen müssten aktiv werden, anstatt NGOs oder Kirchen damit allein zu lassen.
Azbej ist Staatssekretär für die Hilfe für verfolgte Christen. Er kritisierte, dass westliche Diplomaten und in der Folge auch die Europäische Union etwa bei Konflikten wie in Nigeria die religiöse Dimension negierten. Es gebe dort vielschichtige Probleme, "ethnische Spannungen und politische Schwierigkeiten, aber wir müssen darauf hinweisen, dass die Verfolgung von Christen ein wichtiger Teil davon ist", sagte der ungarische Regierungspolitiker. Darüber hinaus betonte Azbej, dass es beim Einsatz für verfolgte und diskriminierte Christen nicht darum gehe, auf Seiten von Christen in einem Wettbewerb um das größte Leid zu punkten. Antichristliche Diskriminierung und Gewalt scheine aber auf Ebene internationaler Menschenrechtsakteure eine gerade noch akzeptierte Form der Diskriminierung zu sein: "Das lehnen wir ab."
Hinter den "erschütternden" Statistiken zur Ausgrenzung, Diskriminierung und Verfolgung von Christen stünden konkrete Menschen, "Gesichter, Familien, ganze Gemeinschaften des Glaubens, die von der Ausrottung bedroht sind", sagte Martina Batinic, stellvertretende Leiterin der 2024 im österreichischen Bundeskanzleramt eingerichteten "Stabsstelle Internationaler Schutz verfolgter religiöser Minderheiten". Religionsfreiheit dürfe kein Randthema sein; notwendig sei eine gemeinsame Haltung von Politik, Medien und Verwaltung, um das Thema präsent zu machen und Solidarität zu zeigen. "Schweigen hilft den Tätern, Sichtbarkeit schützt die Opfer", sagte Batinic.
Batinic kündigte an, dass die Stabsstelle ihre internationale Projektförderung zum Schutz verfolgter Minderheiten trotz der allgemeinen aktuellen Sparmaßnahmen der Regierung fortführen wolle. Das ebenfalls bei der Kanzleramts-Einrichtung liegende Monitoring sei ein wichtiger Beitrag "um religiöse Verfolgung auch juristisch sichtbar und politisch bearbeitbar zu machen". Als konkretes Vorhaben nannte sie die Schaffung einer österreichweiten Meldestelle. Auf EU-Ebene werde sich Österreich dafür einsetzen, dass das seit eineinhalb Jahren vakante Amt des EU-Sonderbeauftragten für Religionsfreiheit besetzt wird und ein Koordinator gegen antichristliche Hassverbrechen geschaffen wird.
"Österreich soll Vorreiterrolle haben"
Zu der Veranstaltung unter dem Titel "Christenverfolgung - Wege aus der Ohnmacht" geladen hatte ÖVP-Menschenrechtssprecherin Gudrun Kugler im Vorfeld der "Red Week"-Gedenktage für verfolgte Christen in der kommenden Woche. Ziel sei es, im Dialog von Parlament, Verwaltung, Diplomatie, Kirchen und Zivilgesellschaft für Österreich "konkrete Maßnahmen und politische Handlungsempfehlungen zu entwickeln und langfristig in Entscheidungsprozessen zu verankern" und ein Zeichen gegen Christenverfolgung zu setzen, sagte die Nationalratsabgeordnete.
"Viel konsequenter als bisher" müsse Österreich auf diplomatischer, politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ebene gegen Christenverfolgung und Einschränkung der Religionsfreiheit handeln, forderte Kugler. Als EZA-Geberland müsse Österreich etwa Entwicklungskooperationen und humanitäre Hilfe an diesen Fragen ausrichten und Probleme klar benennen bzw. auf Lösungen drängen. "Vermeintliche politische Korrektheit darf nicht zu Zurückhaltung und dazu führen, verfolgte Christen im Stich zu lassen", sagte Kugler. Österreich könne hier eine Vorreiterrolle spielen.
Ebenso gelte, sich in der EU und internationalen Institutionen für den Schutz verfolgter Minderheiten stark zu machen. Österreich müsse sich mehr als bisher dafür einsetzen, dass das große politische und wirtschaftliche Gewicht der EU auch zum Schutz verfolgter Christen genutzt wird, so die ÖVP-Politikerin.