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Metropolit Nestor (Sirotenko) angeblich wegen Teilnahme an Pokerturnieren des Amtes enthoben - Eigentlicher Grund soll laut Expertin seine ablehnende Haltung zum Ukrainekrieg sein
Moskau, 10.11.2025 (KAP/KNA) Das Oberhaupt der Russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I., hat seinen leitenden Bischof für Westeuropa, Metropolit Nestor (Sirotenko), suspendiert. Als Grund nannte das Moskauer Patriarchat am Wochenende ein kirchliches Gerichtsverfahren, das gegen den 51-Jährigen laufe. Was Nestor vorgeworfen wird, wurde nicht bekannt gegeben.
Der in Moskau geborene Metropolit leitete seit Oktober 2022 das Exarchat Westeuropa mit Sitz in Paris, das neben Frankreich unter anderem die Schweiz, die Niederlande, Belgien und Großbritannien umfasst. Zudem stand er der spanisch-portugiesischen Eparchie (Diözese) und den italienischen Gemeinden vor.
Anlass für Nestors Suspendierung ist Kirchenexperten zufolge seine Teilnahme an Poker-Turnieren. Die orthodoxe Theologin Natallia Vasilevich sagte am Montag der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Es gibt viele Fotos davon. Und er meldete sich unter seinem eigenen Namen zu den Turnieren an."
Das sei eine "sehr bequeme Anschuldigung für Kyrill, um den Metropoliten aus dem Amt zu entfernen", so Vasilevich. Denn das russisch-orthodoxe Kirchenrecht verbietet Glücksspiele wie Turnierpoker. Als wahren Grund für die Suspendierung sieht sie allerdings, dass Nestor gegen den russischen Angriff auf die Ukraine gewesen sei und Priester unterstützt habe, die den Krieg ablehnten. "Würde er aktiv den Krieg befürworten, hätte es keinerlei Maßnahmen gegen ihn gegeben", zeigt sie sich überzeugt.
Nestors Aufgaben übertrug der Patriarch vorläufig Metropolit Mark (Golowkow). Der 61-Jährige hat bereits Erfahrung mit der Leitung von Eparchien in West- und Mitteleuropa. Von 2009 bis 2015 stand er der Diözese Österreich (und Ungarn) vor. Seit Ende Dezember 2024 verwaltet er vorübergehend die Eparchie Ungarn. Zuvor war der dortige Metropolit Hilarion seines Amtes enthoben worden. Die Vorwürfe gegen ihn reichten von sexuellen Übergriffen auf einen Assistenten bis zu einem unangemessenen Luxusleben sowie einem selbstherrlichen Umgang mit Spendengeldern.