Klasnic: In 16 Jahren Opferschutz mit 1.000 Betroffenen gesprochen
20.10.202512:19
Österreich/Leute/Missbrauch/Opferschutz/Klasnic
Opferschützerin in Interview zum 80er: Dankbar über als Team viel Erreichtes, Kommission bleibt auch nach ihrem Ausscheiden in erfahrenen Händen - Weitere Tätigkeit bei Elisabethinen
Graz, 20.10.2025 (KAP) Waltraud Klasnic hat in ihrer langjährigen Tätigkeit als Vorsitzende der Unabhängigen Opferschutzkommission mit über 1.000 Missbrauchs-Betroffenen persönlich gesprochen: Das hat die ehemalige steirische Landeshauptfrau, die am 27. Oktober ihren 80. Geburtstag feiert, gegenüber der "Krone" (Samstag) bekanntgegeben. Klasnic hat die medial nach ihr benannte Kommission seit 16 Jahren geleitet und übergibt diese Funktion mit Jahreswechsel an ihre Nachfolgerin, die Strafrechtsexpertin Caroline List. Sie sei "vielen Menschen, die geholfen und unterstützt haben, sehr dankbar", sagte sie im Interview.
Besonders hob Klasnic die Tätigkeit Herwig Höseles hervor, der die Kommission seit ihren Anfängen begleitet und deren Koordination auch nach ihrem Abschied weiterhin ausüben wird. "Als Team haben wir da viel geschafft", so Klasnic, die auch auf ihre Nachfolgerin kurz einging: Auch List habe schon seit 2010 entscheidend und engagiert in der Kommission mitgewirkt. Klasnic wie auch List nehmen am Dienstag an einer hochkarätigen Wiener Tagung über Missbrauchsprävention und Kinderschutz im kirchlichen Bereich teil. Bei der Fachveranstaltung 15 Jahre nach dem breiten Bekanntwerden von Missbrauch in der Kirche trifft Klasnic im Wiener Erzbischöflichen Palais u.a. auf Kardinal Christoph Schönborn und den Präventionsexperten Hans Zollner SJ.
Seit 2010 sind laut Angaben der Bischofskonferenz 3.651 Meldungen über Missbrauch und Gewalt im kirchlichen Bereich bei den Ombudsstellen eingegangen. Die Unabhängige Opferschutzkommission hat seither in 3.492 Fällen entschieden, wobei in der Mehrzahl der Fälle Finanzhilfen zwischen 5.000 und über 25.000 Euro zugesprochen sowie rund 8.000.000 Euro an Therapiekosten übernommen wurden. Insgesamt hat die katholische Kirche in Österreich seither rund 37,7 Millionen Euro zur Verfügung gestellt - alle Entscheidungen der Kommission wurden kirchlicherseits umgesetzt.
Ein Großteil der gemeldeten Übergriffe betrifft die Zeit vor 1980 (81,2 Prozent), oft aus Heimen und Betreuungseinrichtungen, aber auch aus schulischen Kontexten. Knapp die Hälfte der Meldungen bezieht sich auf sexuelle Gewalt, hinzu kommen häufig psychische (82 Prozent) und körperliche Gewalt (80 Prozent), meist in Kombination. Der Altersdurchschnitt der Betroffenen liegt heute bei über 50 Jahren, die meisten waren zum Zeitpunkt der Taten zwischen sechs und zwölf Jahre alt. Verjährungsfristen spielen für die Arbeit der Kommission keine Rolle.
Pflege, Hospiz und anonyme Geburt
In der Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Politik habe es für sie auch noch weitere große Aufgaben gegeben, sagte Klasnic im "Krone"-Interview weiter rückblickend: Zunächst war sie einige Jahre in Brüssel, wo sie im Wirtschafts- und Sozialausschuss mitarbeitete. Dabei sei ihr die Sicherung des allgemeinen Zugangs zur Langzeitpflege und eine nachhaltige Finanzierung der Langzeitpflege für ältere Menschen besonderes Anliegen gewesen.
Ein weiterer Schwerpunkt sei die Hospizbetreuung gewesen, "auf die jeder Mensch Anspruch haben soll". Es sei inzwischen gelungen, ein Gesetz für die nunmehrige Finanzierung von Hospiz von der öffentlichen Hand zu verabschieden. Schließlich sei für sie auch die Möglichkeit einer anonymen Geburt in Österreich ein großes Anliegen gewesen. Das Angebot gebe es mittlerweile seit 25 Jahren. "Das heißt, von der anonymen Geburt bis zum letzten Weg habe ich in meinem Leben ein Modell geschaffen, wo alles abgedeckt ist", so die frühere ÖVP-Politikerin.
Weiter im Elisabethinen-Aufsichtsrat
Sie habe momentan nicht das Gefühl, tatsächlich in Pension zu gehen, betonte Klasnic. "Das Alter steht doch nur in der Geburtsurkunde." Weiterhin habe sie Pläne, sei etwa im Krankenhaus der Elisabethinen Graz Vorsitzende des Aufsichtsrates und freue sich auf die baldige Eröffnung nach dem Umbau. Zufrieden mit dem Erreichten wolle sie nicht sein, denn dies wäre zu wenig, sagte Klasnic. "Zufrieden sein heißt: nichts mehr wollen. Daher bin ich nicht zufrieden, man muss schon immer noch etwas wollen. Ich bin dankbar, wenn ich die Kraft habe, wie bisher in schwierigen Situationen ausgleichend zu helfen, zuhören zu können. Man soll einmal sagen: Sie hat nicht umsonst gelebt."
Ihr Lebensweg sei ein ständiges "Es geht weiter" gewesen, so die frühere Politikerin, Hospiz-Präsidentin und Opferanwältin. "Das heißt, man kann aufbauen, man kann etwas schaffen. Das wünsche ich auch den kommenden Generationen und allen, die Verantwortung tragen." Wichtig sei auch, "dass man, wenn man einmal älter geworden ist, sich in den Spiegel schauen kann".
Anlässlich der Gründung der Klasnic-Kommission vor 15 Jahren und der Einführung österreichweit verbindlicher Standards gegen Missbrauch und Gewalt im kirchlichen Bereich
Scheidende Vorsitzende der Unabhängigen Opferschutzkommission, Waltraud Klasnic, und ihre designierte Nachfolgerin Caroline List im Kathpress-Interview über die Arbeit der Kommission, gelungene aufgaben und bleibende Herausforderungen im Blick auf Missbrauchsaufarbeitung und Prävention