Tiroler Caritas startet Sommersammlung für Hilfsprojekte in Westafrika - Hilfsorganisation warnt vor Folgen globaler Kürzungen bei staatlichen EZA-Geldern - Caritasdirektorin Rathgeb: "Wenn wir bei der internationalen Entwicklungshilfe kürzen, dann kürzen wir nicht bei Zahlen - wir kürzen bei Menschenleben"
Innsbruck, 02.07.2025 (KAP) Zum Start ihrer jährlichen Sommersammlung im Kampf gegen den Hunger hat die Caritas Tirol auf weltweit 733 Millionen Menschen aufmerksam gemacht, die aufgrund von Armut, bewaffneten Konflikten und den verheerenden Folgen der Klimakrise hungern müssen. Zudem warnte die Hilfsorganisation vor den Auswirkungen globaler Kürzungen bei Entwicklungshilfen trotz steigender Tendenzen. "Wir dürfen nicht wegschauen", erklärten Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb, Bischof Hermann Glettler und Julia Stabentheiner, Leiterin der Caritas Auslandshilfe, im Rahmen einer Pressekonferenz in Innsbruck am Mittwoch. Sie richteten einen Solidaritätsaufruf an die Tiroler Bevölkerung, die Kampagne der Caritas Tirol zugunsten von Hilfsprojekten in Mali und Burkina Faso in Westafrika zu unterstützen.
Die "Tragödie des globalen Hungers" sei kein "unabänderliches Schicksal", betonte Bischof Glettler. Im Heiligen Jahr, das unter dem Motto "Pilger der Hoffnung" steht, gelte es, über nationale und kontinentale Brücken der Hoffnung zu bauen. Das bedeute, Menschen in ihrem Elend nicht zu vergessen. Entwicklungshilfe sei kein Gnadenakt wohlhabender Länder, sondern eine Frage der Gerechtigkeit. Auch Klimaschutz und Friedensförderung zählten neben der akuten Überlebenshilfe zur Entwicklungszusammenarbeit. "Es kann doch nicht sein, dass in einer Hochphase des internationalen Auf- und Wettrüstens nahezu eine Milliarde Menschen Not leidet", zeigte sich der Bischof empört. Nur ein Bruchteil der Militärausgaben könne die Tragödie des weltweiten Hungers entschärfen.
Entwicklungsleistungen auf Sparflamme
Weltweit wurden die Budgets laut Caritas um rund 35 Prozent gekürzt. Anfang des Jahres wurde die Auflösung von USAID, der amerikanischen Entwicklungsagentur, bekannt gegeben. Dies habe auch Auswirkungen auf die Projektpartner der Caritas im Partnerland Burkina Faso, erklärte Stabentheiner. Die Caritas vor Ort musste kürzlich 45 Personen kündigen. Rund die Hälfte aller humanitären Gelder in Burkina Faso stammten von USAID - diese Mittel wurden ersatzlos gestrichen. Österreich kürzt das Budget für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe laut Caritas bis 2026 um 32 Prozent.
Auch andere Länder wie Deutschland, Belgien, Frankreich, die Niederlande, Schweden, die Schweiz und das Vereinigte Königreich hätten ihre Entwicklungsleistungen zurückgefahren, informierte Stabentheiner. "Die Folgen für die betroffenen Regionen sind verheerend", erklärte die Auslandsexpertin weiter. Sie wies insbesondere auf die drastische Lage in Afrika hin. Dort liege die Ernährungsunsicherheit aufgrund der Klima- und Fluchtkrisen bei 58 Prozent und sei damit fast doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt.
Investitionen in globale Stabilität
"Wenn wir bei der internationalen Entwicklungshilfe kürzen, dann kürzen wir nicht bei Zahlen - wir kürzen bei Menschenleben", warnte Rathgeb. Entwicklungshilfe bedeute Zugang zu Nahrung, Wasser, Bildung und medizinischer Versorgung. Für Einsparungen müssten die Schwächsten den höchsten Preis zahlen - "jene, die nichts zum Klimawandel beigetragen haben und keine Verantwortung für globale Konflikte tragen", so die Tiroler Caritasdirektorin. Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zu finanzieren, sei nicht nur moralisch geboten, erklärte Stabentheiner: "Sie sind auch kluge Investitionen in globale Stabilität, Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung."
Mit der Sommersammlung für Mali und Burkina Faso unterstützt die Caritas Projekte wie den Bau und die Reparatur von Brunnen für sauberes Wasser, Schulprojekte, landwirtschaftliche Schulungen und Saatgutverteilungen, um Ernährungssicherheit zu fördern. Gemeinsam mit lokalen Partnern hilft sie Kleinbäuerinnen und -bauern bei der Anpassung an den Klimawandel und stärkt mit dem Programm "SAGES" speziell Frauen in der Landwirtschaft durch besseren Zugang zu Land, Betriebsmitteln und Märkten sowie den Aufbau lebensvereinfachender Infrastruktur.
Die Sommerkampagne läuft bis Ende August. Am 25. Juli setzt die Kirche zudem "ein hörbares Zeichen" gegen Hunger: Österreichweit werden auch heuer wieder an diesem Tag um 15 Uhr die Kirchenglocken fünf Minuten lang läuten, um auf die Situation von Millionen hungernder Menschen aufmerksam zu machen. Am 15. August findet im Rahmen der Gottesdienste in allen Pfarren die jährliche Kirchensammlung der Caritas für die Menschen in Mali und Burkina Faso statt.
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