Gaza: Kirchenvertreter beklagen humanitäre Krise und Hungersnot
20.05.202511:19
Palästina/Israel/Krise/Hunger/Kirche/Krieg/Papst
Katholischer Pfarrer und Kustodien-Vertreter: Tödliche Folgen der Lebensmittelknappheit - Eine Million Kinder ohne Nahrung, Medikamente und Bildung - Kritik an "verlorener Zeit" durch gebrochene Friedensversprechen
Rom, 20.05.2025 (KAP) Von entsetzlichen humanitären Zuständen in Gaza, wo derzeit erneut eine israelische Bodenoffensive vor sich geht, berichten Kirchenvertreter vor Ort. "Kinder, Familien und ältere Überlebende sind dem Hunger ausgeliefert", schreibt der Franziskanerpater Ibrahim Faltas, Vikar der Kustodie des Heiligen Landes, in einem Gastbeitrag für die Nachrichtenagentur Fides (Dienstag). Auch der Pfarrer von Gaza, Gabriel Romanelli, schlägt Alarm: "Das Ausmaß des Hungers ist verheerend", so der gebürtige Argentinier aus dem Orden des Steyler Missionare in einem Telefonat mit Asia News. "Zwei Millionen Menschen befinden sich in äußerster Not."
Am Montag hatte Israel zugesagt, nach einer fast dreimonatigen Einfuhrblockade wieder kleine Mengen an Hilfen an Lebensmitteln, Medikamenten und lebensnotwendigen Gütern nach Gaza zuzulassen, um seine neue Militäroffensive nicht zu gefährden. Von 22 Staaten sowie wie auch von der EU wurde die Zusage in einer gemeinsamen Erklärung als ungenügend bezeichnet, zumal das vorgeschlagene Versorgungsmodell nicht in der erforderlichen Geschwindigkeit und Menge Hilfe leisten könne und humanitäre Hilfe mit politischen und militärischen Zielen verbinde.
Auch in der einzigen katholischen Pfarre in Gaza bleibt die Versorgungslage vorerst weiterhin katastrophal: "Seit drei Monaten erhalten wir keine Hilfslieferungen mehr", berichtete Pfarrer Romanelli. Das wenige noch vorhandene Mehl werde vor der Ausgabe zwei- bis dreimal gesiebt, "um Würmer zu entfernen", so der Priester. Schwierig sei vor allem, dass das Trinkwasser kaum aufzubereiten sei, sowie das Fehlen von Medizin. "Es gibt viele Fälle von Durchfallerkrankungen, für die es eigentlich einfache Medikamente gäbe, die wir aber nicht haben."
Tote und leidende Kinder
Kustodien-Vikar Faltas warnte vor einer fortschreitenden "Verschwendung kostbarer Zeit" angesichts der eskalierenden Gewalt. Besonders die Situation der Kinder gebe Anlass zur Sorge: Allein in Gaza seien im vergangenen Monat 950 Kinder ums Leben gekommen, seit Beginn des Krieges rund 20.000. Etwa eine Million Minderjährige hätten keinen Zugang zu Nahrung, medizinischer Versorgung oder Bildung. Dies sei der hohe Preis für das ständige Scheitern der Politik beim Beenden der Gewalt. "Solange die Kinder sterben, gibt es keine Lösung. Solange das Töten weitergeht, bleibt der Grenzübergang für Hilfsgüter geschlossen", so Faltas.
Doch auch außerhalb Gazas im ganzen Nahen Osten litten Kinder - egal ob palästinensische, israelische, libanesische oder syrische, ob muslimische, christliche oder jüdische - an der Situation, mit tiefgreifenden physischen und seelischen Traumata. Er kenne viele Kinder, so der Vikar, die nicht mehr lachen, spielen oder essen könnten oder verstummt seien - aus Mitgefühl mit Gleichaltrigen in Gaza. Der Hunger hinterlasse "bleibende Narben", die lange Zeit zur Heilung bräuchten.
Sowohl Faltas als auch Romanelli hoben die große Bedeutung der moralischen Unterstützung durch Papst Leo XIV. hervor. Ebenso wie Papst Franziskus mit Gaza in enger Verbindung - und sogar mit bis zuletzt andauerndem regelmäßigem Telefonkontakt - gestanden sei, habe auch sein Nachfolger beim Mittagsgebet nach seiner Amtseinführung am Sonntag auf das Leid in Gaza hingewiesen, Mitgefühl bekundet und schon zuvor sofortige Waffenruhe gefordert. Die christliche Gemeinde in Gaza fühle sich "tief mit dem neuen Pontifex verbunden" und verspüre durch ihn die "Nähe und Solidarität der Weltkirche", so Romanelli. "Seine Gebete und Appelle geben uns Trost in diesen Tagen der Dunkelheit."