Kardinal: Prevost hatte beim Konklave von Anfang an viele Stimmen
14.05.202512:00
Italien/Papst/Wahl/Kirche/Leute/Konklave
Irakischer Kardinal Sako: Nunmehriger Papst blieb bis zum Bekanntwerden des Ergebnisses ganz ruhig - Kardinal Koch: Leo XIV. wird in Deutschland "vereinnahmt" - Kardinal Aveline: Richtige Wahl in Zeit globaler Umbrüche
Rom, 14.05.2025 (KAP) Bei seiner Wahl zum Papst hatte Kardinal Robert Francis Prevost schon im ersten Wahlgang überraschend viele Stimmen. Dies geht aus einem Interview hervor, das der irakische Kardinal Raphael Louis Sako der italienischen Zeitung "La Repubblica" (Mittwochsausgabe) gab. Sako saß nach eigenen Angaben in der Sixtinischen Kapelle auf dem Platz rechts neben Prevost, nun Papst Leo XIV.
Er habe ihn zuvor nicht gekannt, habe ihn aber im Gespräch als einen "einfachen, demütigen und gelassenen Mann" erlebt. Obwohl er schon im ersten Wahlgang viele Stimmen erhalten habe, sei Prevost ganz ruhig geblieben. Diese Stimmenzahl sei dann in den beiden folgenden Wahlgängen immer weiter gestiegen, aber erst am Ende sei Prevost sichtlich bewegt gewesen.
Nach anderen Presseberichten, die sich auf Konklaveteilnehmer beriefen, erhielt Prevost am Ende deutlich über 100 Stimmen. Als im vierten Wahlgang noch vor Ende der Auszählung die notwendige Zweidrittelmehrheit erreicht war, hätten die Kardinäle bereits applaudiert, während Prevost, um Fassung ringend, sitzen geblieben sei.
Rasche Einigung gutes Omen
Weniger konkret war die Konklave-Bilanz von Kardinal Kurt Koch. Er sei überrascht gewesen, wie schnell die Wahl erfolgt sei, sagte er im Interview mit dem Sender EWTN. Das viele positive Echo sei ein gutes Omen, dass es Leo XIV. gelingen werde, "verschiedene Meinungen zueinander zu bringen". Dies zeige sich auch daran, dass die Kardinäle innerhalb von 24 Stunden ein solches Ergebnis präsentieren konnten. "Das ist auch ein Zeichen dafür, dass Konsens besteht, und das ist ein erfreuliches Zeichen", so Koch.
Den neuen Papst beschrieb der Schweizer Kurienkardinal als einen dialogischen Menschen: "Er ist einer, der auf Konsens und Harmonie zielt." Dies bedeute jedoch nicht, dass er keine klare Haltung habe: "Er hat einen klaren Standpunkt, den er nicht aufdrängt. Er will Konsens". Mit Blick auf mögliche Erwartungen warnte Koch davor, sich zu große Hoffnungen auf schnelle Veränderungen zu machen. Er frage sich, wie lange der neue Schwung anhalten werde, bevor einige merkten, "dass der Papst am Ende doch katholisch ist" und sich doch nicht so viel ändern werde.
Besorgt zeigte sich Koch über die "Vereinnahmung" von Papst Leo XIV. in Deutschland. Er freue sich zwar, dass dort Dankbarkeit über die Wahl des neuen Papstes herrsche. "Aber man muss schon noch genau hinhören, ob das, was die Mehrheit der deutschen Bischöfe unter Synodalität versteht, deckungsgleich ist mit dem, was der neue Papst darunter versteht", betonte der Kardinal. Hierarchie und Synodalität seien "keine Gegensätze, sondern müssen miteinander zusammen sein". Es gebe keine Synodalität ohne Primat und keinen Primat ohne Synodalität. "Da bin ich nicht ganz sicher, ob das so in Deutschland geteilt wird", sagte er.
Zu seinem eigenen Rücktrittsgesuch sagte Koch, dieses sei schon lange vor dem Tod von Franziskus eingereicht. Schließlich habe dieser ihn weiter im Amt gelassen. Das habe Leo XIV. nun auch gemacht. "Wie er dann weiter entscheiden wird, das ist seine Freiheit. Wenn er zur Überzeugung kommt, ich soll noch ein bisschen weitermachen, nehme ich das dankbar an", so Koch.
Frieden, Gerechtigkeit, Geschwisterlichkeit
Auch der französische Kardinal Jean-Marc Aveline äußerte sich am Dienstag in einem Interview mit Vatican News zum Konklave und bezeichnete die Kardinalsversammlung als "tief spirituelle Erfahrung". Trotz kultureller Unterschiede sei es in nur 24 Stunden gelungen, mit großer Mehrheit einen neuen Papst zu wählen. "Alle Kardinäle gleich gekleidet, aus allen Teilen der Welt - das war ein gemeinsames Handeln von Menschheit und Gott. Es ist ein Mysterium, das sich nicht vollständig erklären lässt", so Aveline. Man habe sich "geführt" gefühlt.
Überzeugt zeigte sich der Erzbischof von Marseille, dass der neu gewählte Papst Leo XIV. die richtige Wahl für die katholische Kirche in einer Zeit globaler Umbrüche sei. "Ich glaube, man wird nach und nach entdecken, dass er wirklich der Papst war, den wir brauchten", erklärte er. Leo XIV., zuvor Kardinal Robert Prevost, sei geprägt von seiner Erfahrung in Nord- und Südamerika und bringe dadurch ein tiefes Verständnis sowohl für wohlhabende als auch für benachteiligte Regionen mit. "Sein Profil ist eine perfekte Synthese für unser Zeitalter der Globalisierung", so Aveline. Besonders würdigte er die soziale Sensibilität des neuen Papstes: "Er weiß, was Armut bedeutet, was Ungerechtigkeit bedeutet. Er kennt den Preis, den die Armen für Kriege zahlen, die andere führen."
In seinem früheren Amt als Präfekt der vatikanischen Bischofskongregation habe Prevost große geistliche Weitsicht bewiesen, betonte Aveline. Zugleich sei er ein Mensch des Dialogs: "Was ich bei ihm spüre, ist Weisheit, Bescheidenheit, Sinn für das Zuhören und Freude an gemeinsamer Arbeit." Entscheidungen treffe er erst nach reiflicher Abwägung - trage sie dann aber mit Konsequenz und Verantwortung.
Aveline erinnerte auch an einen persönlichen Besuch des damaligen Kardinals Prevost in Marseille im September 2023, als dieser Papst Franziskus auf einer Reise begleitete. "Er hätte jemanden schicken können. Aber nein - er ist selbst gekommen. Es interessiert ihn wirklich", sagte Aveline über das Engagement des heutigen Papstes für die Herausforderungen des Mittelmeerraums. Auch die ersten Gesten und Worte Leos XIV. als Papst deuteten klar auf dessen Schwerpunkte hin: Frieden, Gerechtigkeit, Geschwisterlichkeit. Aveline: "Was ich spüre, ist, dass ihm die Gemeinschaft der Kirche und die Geschwisterlichkeit in der Welt sehr am Herzen liegen."