Der 75-jährige Schweizer Kurienkardinal hat sich als langjähriger vatikanischer Ökumene-Minister vielfältige Verdienste erworben - Auf dem diplomatischen Parkett fühlt er sich weitgehend sicher
Vatikanstadt, 02.05.2025 (KAP) Von den Kardinälen, die im Vatikan bis zum Tod von Papst Franziskus eine Behörde leiteten, war Kurt Koch (75) der letzte, der noch von Papst Benedikt XVI. ernannt wurde. Zudem war er zuletzt der einzige deutschsprachige Kardinalpräfekt an der römischen Kurie.
Der Schweizer leitete seit 2010 die vatikanische Ökumene-Behörde. Papst Franziskus war er sein gesamtes Pontifikat über ein wertvoller und loyaler Mitarbeiter, der sich auf dem Parkett der Ökumene mit großem theologischem Wissen und diplomatischem Geschick zu bewegen verstand. Mehrmals begleitete Koch Papst Franziskus auch auf teils heiklen Auslandsreisen, so etwa beim historischen Treffen mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill I. im Februar 2016 in Havanna (Kuba).
Kurt Koch wurde am 15. März 1950 in Emmenbrücke im Kanton Luzern geboren. Er studierte Theologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Universität Luzern und schloss sein Studium 1975 ab. 1982 wurde er zum Priester geweiht. Er wirkte fortan als Seelsorger und Theologe. 1989 habilitierte er sich und wurde Honorarprofessor für Dogmatik, Ethik, Liturgiewissenschaft und Ökumenische Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Luzern.
1995 wurde Koch vom Basler Domkapitel zum Bischof von Basel gewählt. Die Bischofsweihe spendete ihm am 6. Jänner 1996 Papst Johannes Paul II. Sein bischöflicher Wahlspruch lautet: "Christus hat in allem den Vorrang". Von 2007 bis 2009 war er auch Präsident der Schweizer Bischofskonferenz.
Papst Benedikt XVI. ernannte Koch 2010 zum Präsidenten (seit 2022: Präfekt) des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen (seit 2022: Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen) und verlieh ihm aus diesem Anlass den Titel eines Erzbischofs ad personam. Die Kardinalswürde erhielt Koch ebenfalls noch 2010 von Papst Benedikt XVI.
Was den in seinen Ansichten durchaus konservativen Koch auszeichnet: Er verbindet seine theologisch fundierten Positionen mit sanften Tönen in der Rede und sucht auch bei unterschiedlichen Standpunkten den Dialog. Koch war mit seiner theologischen Expertise und seinem weit verzweigten Netz aus Dialogpartnern in anderen christlichen Kirchen und Konfessionen sowie im Judentum über all die Jahre jedenfalls eine sichere Bank für den Papst.
Reform des Papstamts als Herzensanliegen
Kochs Herzensanliegen ist ein Dauerbrenner der Ökumene: Er will die bereits von Papst Johannes Paul II. vor 30 Jahren mit der Enzyklika "Ut unum sint" angestoßene Reform des Papstamts endlich voranbringen. In der auch in anderen Kirchen viel beachteten Bestandsaufnahme mit dem Titel "Der Bischof von Rom" hat er 2024 dargelegt, dass schon heute eine Form des päpstlichen Primats möglich ist, die als ein "Dienstamt der Einheit" auch für viele andere christliche Kirchen und Gemeinschaften akzeptabel wäre. Und weil Franziskus sein Amt schon immer als das des "Bischofs von Rom" begriff, zogen der Papst aus Argentinien und der Kardinal aus der Schweiz bei diesem wichtigen Vorhaben an einem Strang.
Überraschenderweise wurde dieses gemeinsame Anliegen von Papst und Kardinal von den Ostkirchen bislang aber kaum aufgegriffen. Von den Kirchen der reformatorischen Tradition sowieso nicht.
Mehr oder weniger subtile Kritik an den Kirchen der reformatorischen Tradition übte Koch in den vergangenen Jahren auch aus einem anderen Grund. Koch drängte darauf, sich in der Ökumene intensiver der Frage nach dem Ziel der Ökumene zu stellen. Mit den Kirchen des Ostens habe man ein gemeinsames Ziel: Die Einheit wiederzufinden im gemeinsamen Glauben, in den Sakramenten und in den kirchlichen Ämtern. Die Kirchen, die aus den Reformationen hervorgegangen sind, hätten da schon unverbindlichere Vorstellungen.
Als Bischof nicht unumstritten
Nicht ganz so unumstritten wie seine Zeit als Kurienpräfekt war die Zeit Kochs als Bischof von Basel verlaufen, die öffentlich vor allem durch den langjährigen Konflikt mit dem aufmüpfigen Pfarrer Franz Sabo geprägt war. 2023 holte den Kardinal dann auch das Thema Missbrauch ein. Nach Erscheinen der Schweizer Missbrauchsstudie räumte Koch Fehler ein, weil er Missbrauchsvorwürfe gegen einen Priester weder der Polizei noch dem Vatikan gemeldet hatte. "Von heute aus betrachtet muss ich eingestehen, dass dieses Vorgehen nicht zufriedenstellend funktioniert hat und dass es ein Fehler gewesen ist, die vorgesehenen Maßnahmen nicht ergriffen zu haben", sagte er. Er bitte die Opfer um Entschuldigung.
2022 gab es große Aufregung, als Koch in einem "Tagespost"-Interview Kritik am deutschen Synodalen Weg geäußert hatte. - Mit einem missverständlichen Vergleich. Koch sagte, es irritiere ihn, wenn nun neben den anerkannten Quellen des katholischen Glaubens auch neue Erkenntnisse hinzugezogen werden sollten, um die Lehre anzupassen. "Denn diese Erscheinung hat es bereits während der nationalsozialistischen Diktatur gegeben, als die sogenannten Deutschen Christen Gottes neue Offenbarung in Blut und Boden und im Aufstieg Hitlers gesehen haben." U.a. der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, zeigte sich empört und bezeichnete Kochs Vergleich als "völlig inakzeptable Entgleisung". Koch wies seinerseits die Anschuldigungen zurück und stellte klar, dass er keineswegs den Synodalen Weg mit einer Nazi-Ideologie verglichen habe, und er werde dies auch nie tun. Ein persönliches Gespräch von Koch und Bätzing in Rom glätteten die Wogen wieder.
Regelmäßig in Österreich
Als vatikanischer "Ökumene"-Minister hielt sich Koch immer wieder in Österreich auf, zuletzt Anfang 2025, wo er an einem ökumenischen Symposion an der Universität Wien teilnahm. Regelmäßig war er etwa auch im Stift Heiligenkreuz bzw. an der Päpstlichen Hochschule Heiligenkreuz zu Gast, wo er ein begehrter Referent ist. Sehr gute Kontakte pflegt er auch zur heimischen Stiftung "Pro Oriente".