Persönlichkeiten des Konklaves: Kardinal Matteo Zuppi
01.05.202515:45
Italien/Papst/Wahl/Zuppi
Progressiv, sozial und politisch versiert: Zuppi mauserte sich vom "Straßenpfarrer" zum Papst-Kandidaten
Rom, 01.05.2025 (KAP) Mit Matteo Zuppi als Papst hätte die katholische Kirche erneut einen Mann an ihrer Spitze, der als progressiv und reformfreudig gilt. Der 69-jährige Kardinal ist erfolgreicher Vermittler in Kriegen und Krisen, Erzbischof von Bologna und ein Mann nach dem Geschmack des verstorbenen Papstes Franziskus.
Zuppi galt als eine der Schlüsselfiguren in Franziskus' Amtszeit. 2015 ernannte das frühere Kirchenoberhaupt den damaligen Weihbischof im Bistum Rom zum Erzbischof der traditionell linken Industrie- und Universitätsstadt Bologna - als Nachfolger des Franziskus-Kritikers Carlo Caffarra. Und während andere Erzbischöfe in "Kardinalsmetropolen" wie Mailand oder Venedig vergebens auf die Kardinalswürde warten, erhielt sie Zuppi 2019.
2022 machte ihn der Papst zum Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz, die mit ihren mehr als 300 Mitgliedern weltweit zu den größten zählt. Seither galt Zuppi als möglicher Wunschnachfolger des Papstes aus Argentinien.
Unter Italiens Bischöfen ist Zuppi einer der bekanntesten, mischt sich in die Politik ein, ist mit Auseinandersetzungen vertraut. Als Vorsitzender seiner Bischofskonferenz bewies er erst vor wenigen Wochen diplomatisches Geschick, als der synodale Prozess der katholischen Kirche in Italien beinahe im Eklat endete. Kurz vor dem Scheitern der entscheidenden Abstimmung fand Zuppi den Notausgang: Er schlug vor, die finalen Beratungen zu vertagen.
Ende Mai 2023 ernannte Franziskus Zuppi zum Leiter einer vatikanischen Friedensmission für die Ukraine. Zuppi reiste nach Moskau und Kiew, Washington und Peking, vermittelte den Austausch von Gefangenen, die Rückführung nach Russland verschleppter ukrainischer Kinder und in Fragen der humanitären Hilfe. Der große Verhandlungserfolg blieb freilich aus.
Matteo Zuppi ist durch und durch Römer. In der Hauptstadt wurde er 1981 zum Priester geweiht und war anschließend fast 30 Jahre lang Seelsorger in Santa Maria in Trastevere und damit "Pfarrer von Sant'Egidio". In der international einflussreichen Gemeinschaft, die in Trastevere ihre Zentrale hat, ist er bereits seit Schulzeiten aktiv.
Über Jahrzehnte war Zuppi mit Sant'Egidio-Gründer Andrea Riccardi Chefdiplomat der Gemeinschaft, vermittelte zwischen Guerilla und Regierung in Mosambik sowie in Algerien. Im Auftrag von Ostafrikas früherem "elder statesman" Julius Nyerere moderierte er auch in Burundi. Der Kardinal ist politisch versiert und mit Dialog und Konflikten vertraut.
Für Aufsehen sorgte der Kirchenmann 2019 mit seinem Buch "Du sollst deinen Nächsten hassen wie dich selbst". Zuppi bestritt, er habe damit Politik und Auftreten von Matteo Salvini kritisiert, dem Chef der migrationskritischen Lega. Ihm sei es um das Klima in der Gesellschaft, aber auch in der Kirche gegangen.
Daher begrüßte Zuppi die Aufbruchsstimmung, die mit Franziskus vielerorts Einzug gehalten habe. "Franziskus kommt jetzt wie mit dem Besen daher, um uns Beine zu machen und aus dem Haus zu jagen", sagte er 2021 im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Wir wissen nicht, wen wir draußen wie treffen sollen und meinen, uns besser vorbereiten und Programme entwickeln zu müssen. Doch der Papst jagt uns einfach raus auf die Straße: 'Nun macht ...' Diese Gelegenheit dürfen wir nicht verspielen."
Nach dem Tod des Papstes bekräftigte Zuppi seine Position in einer Linie mit Franziskus. Dieser habe die Kirche von manchem Ballast befreit. Es sei ihm um eine offene Kirche gegangen, die die Menschen "versteht, begleitet und umarmt", so Zuppi. "Die Worte und Gesten des verstorbenen Papstes weisen uns weiter den Weg."
Lange gehörte Zuppi zu den meistunterschätzten Kirchenmännern Italiens. Der schlaksige Mann mit dem schütteren grauen Haar strahlt Freundlichkeit aus, eine fast naiv wirkende Heiterkeit - und einen gewissen Schalk. Sein Italienisch mit römischem Tonfall klingt ein wenig verwaschen. Manch einem fiel es in der Vergangenheit schwer, ihn sich am Verhandlungstisch mit politisch Mächtigen vorzustellen. Nun zählt er im anstehenden Konklave zu den Favoriten für das Papstamt.
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