Persönlichkeiten des Konklaves: Kardinal Mario Grech
01.05.202515:42
Italien/Papst/Wahl/Grech
Ein lächelnder Vermittler von einer kleinen Insel im Mittelmeer, der auch die Ränder der Weltkirche kennt
Rom, 01.05.2025 (KAP) Mario Grech scheint derzeit wenig aus der Ruhe zu bringen. Der maltesische Kardinal tritt mit stets lächelnder Gelassenheit auf. Dabei gilt der 68-Jährige seit Jahren als eine Schlüsselfigur im Ringen um die Zukunft der katholischen Kirche. Wie kein anderer steht Grech als Leiter des vatikanischen Synodensekretariates für die Weltsynode und damit für das Ausloten eines neuen Miteinanders von 1,4 Milliarden Katholiken, Klerikern und Laien weltweit.
Grech als Nachfolger von Papst Franziskus, das hieße: Fortsetzung des synodalen Stils - aber vermutlich in leiseren Tönen und mit mehr rechtlicher Verbindlichkeit. Denn Grech ist promovierter Kirchenrechtler und war zwölf Jahre lang Richter am Kirchengericht in seiner Heimat Malta.
Kurz vor dem Tod von Papst Franziskus kündigte der Geistliche in einem Brief an alle Bischöfe an, dass der Fahrplan der Weltsynode verlängert werde. Erst im Oktober 2028 soll dann eine Art Generalversammlung der katholischen Kirche das Projekt zu einem Abschluss bringen. Franziskus hatte Grechs Schreiben nach dessen Angaben noch selbst genehmigt - als eine seiner letzten Amtshandlungen. Damit dürfte das 2021 begonnene Projekt, das ursprünglich auf zwei Jahre angesetzt war, mindestens sieben Jahre dauern.
Die Weltsynode war für den verstorbenen Papst ein Prozess, der die katholische Kirche als ganze in allen Facetten in den Blick nimmt. Grech hat dieses Anliegen verinnerlicht und dabei stets ein offenes Ohr behalten. Er versteht es, seine Anliegen so zu formulieren, dass sich niemand vor den Kopf gestoßen fühlt. Manch einer legt ihm diesen Spagat als inhaltliche Schwäche aus - als fehlende persönliche Positionierung in entscheidenden Fragen. Andere sehen es eher als Stärke, als Signal eines Teamplayers.
In der innerkirchlichen Debatte um das Reformprojekt Synodaler Weg der katholischen Kirche in Deutschland wurde Grech auch zum wichtigen Ansprechpartner für die deutschen Bischöfe. Er hörte zu, wenn diese an anderer kuriale Stelle wenig Gehör fanden. Und äußerte zumindest öffentlich weniger kritische Worte als sein Mitstreiter und Generalrelator der Weltsynode, der luxemburgische Kardinal Jean-Claude Hollerich.
Vom Konservativen zu einem Mann der Offenheit
Mario Grech stammt aus dem tief katholischen Malta. Von 2005 bis 2020 leitete er das winzige Bistum auf der Insel Gozo mit knapp 30.000 Katholiken. Bei der Reise von Papst Franziskus auf beide Inseln im April 2022 war sichtbar, welch starker, oft strenger Katholizismus Grech in seiner Kindheit und Jugend geprägt haben muss. Bis heute ist auf Malta Abtreibung nicht erlaubt; zivile Ehescheidung ist erst seit 2011 möglich.
Im Pontifikat von Franziskus durchlief Grech eine Wandlung: vom Konservativen zu einem Mann der Offenheit. Noch 2011 polterte er gegen die Einführung der zivilen Ehescheidung in Malta. Doch schon 2015 verlangte er ein kirchliches Zugehen auf homosexuelle Paare. Die von Grech mitverfassten Leitlinien der maltesischen Kirche zur Kommunionzulassung von wiederverheirateten Geschiedenen wurden im Januar 2017 in der Vatikan-Zeitung "Osservatore Romano" veröffentlicht - eine Art offizielles Gütesiegel.
Bereits in seiner Bischofszeit zeigte er sich verschiedentlich als Mann nach dem Sinn von Papst Franziskus. In der Migrationsdebatte verurteilte er Populismus und stellte sich unter anderem hinter die deutschen Seenotretter von Sea-Watch. Auf der anderen Seite wurde jüngst Vorwürfe von Missbrauchs-Überlebenden laut, Grech habe Missbrauch in seinem Bistum nicht schnell und umfassend genug aufgeklärt.
Ende 2020 nahm Franziskus ihn ins Kardinalskollegium auf. Grech leitet das von der vatikanischen Kurie unabhängige Sekretariat für die Bischofssynode. Er führte bahnbrechenden Neuerungen wie "Debatten an Runden Tischen", die Teilnahme von Frauen mit Rede- und Stimmrecht und weitere Neuerungen ein. Im Vatikan sitzt er zugleich in mehreren Schlüsselgremien, etwa den Behörden für Ökumene oder für Bischofsernennungen.
Nicht nur in seinem Büro herrscht bei Kardinal Grech ein eher lockerer Umgang. Für viele ist er nicht "Seine Eminenz", sondern schlicht "Padre Mario". In römischen Trattorien sieht man ihn im weißen kurzärmeligen Hemd, ganz ohne das strenge Kleriker-Schwarz mit steifem Kragen. Grech ist offen und nahbar - ähnlich, wie es Franziskus stets war.
Laut italienischen Medienberichten vom 1. Mai machte Grech beim Vorkonklave am 30. April durch einen viel beachteten Redebeitrag auf sich aufmerksam. An diesem Tag war die künftige Mitverantwortung des "Volkes Gottes" bei der Leitung der Kirche das dominierende Thema. Seitdem, so hieß es dort, sei der Name Grech häufiger als möglicher Nachfolger von Franziskus genannt worden.
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