Der Erzbischof von Belgrad und Vizepräsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen ist ein synodaler Brückenbauer zwischen Ost und West - Vor Jahren war er Kaplan in Niederösterreich
Belgrad, 01.05.2025 (KAP) Unter den rund 130 Papstwählern, die am 7. Mai ins Konklave einziehen, gibt es einen mit engem Bezug zu Österreich: Kardinal Ladislav (Laszlo) Nemet (68), römisch-katholischer Erzbischof von Belgrad, hat in seiner Kaplanszeit und Lehrtätigkeit insgesamt zehn Jahre in Niederösterreich verbracht. Wenngleich nicht unter den Top-Favoriten, könnte der erste Kardinal mit serbischer Staatsbürgerschaft im Konklave aufgrund seiner Stärken und reichen Dialogerfahrungen dennoch eine Rolle spielen: Als Überraschungskandidat nach dem Geschmack von Papst Franziskus, der ihn im Zuge der letzten Kardinalsernennungen seines Pontifikats im Dezember 2024 ins Kardinalskollegium berief.
Nemet ist eine ausgesprochene Brückenfigur: Als gebürtiger Ungar, aufgewachsen und tätig in Serbien, vermittelt er zwischen Ost und West, Slawen und Magyaren, Orthodoxie und Katholizismus. Er ist sowohl mit der Lage Europas - als Vizepräsident des Rats der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) - als auch mit der Realität einer christlichen Minderheitskirche bestens vertraut. Als Mitglied der Steyler Missionare bringt er zudem den Blick seiner weltweiten Ordensgemeinschaft, die mit interkultureller Seelsorge vertraut ist wie keine andere, in die Kirche ein. Nemet beherrscht neben seiner Muttersprache Ungarisch sowie Serbokroatisch auch Polnisch, Deutsch, Englisch und Italienisch.
Kaplan in der Südstadt
Seine Beziehung zu Österreich begann 1994, als er Mitglied der Österreichischen Steyler-Provinz wurde und an der Philosophisch-Theologischen Hochschule von St. Gabriel bei Wien Dogmatik unterrichtete. Er unterstützte in dieser Zeit in der Südstadt (Pfarre Maria Enzersdorf) in Mödling bei Wien die Pfarrseelsorge als Aushilfskaplan. Zwischen 2000 und 2004 arbeitete er zudem bei der Vatikan-Vertretung für die in Wien ansässigen internationalen Organisationen mit. Der Kontakt ist nie abgerissen, auch in den vergangenen Monaten war der Belgrader Erzbischof mehrmals in Österreich und referierte dort unter anderem über den Synodalen Prozess.
Was das von Papst Franziskus geprägte Kirchenreformprojekt der Synodalität betrifft, zählt Nemet zu den Vorkämpfern und Pionieren: Eine Diözesansynode unter seiner Führung in seiner früheren Bischofsstadt Zrenjanin wurde bereits lange vor dem vatikanischen Synodalprozess gestartet. Der ungarische Serbe gilt als Wortführer einer "Dezentralisierung" der Kirche, mit verschiedenen regionalen Formen und vielfältigen Prägungen des katholischen Lebens bei gleichzeitiger Wahrung der Glaubenseinheit und des Papstamtes. Zugleich regte er bisher das Nachdenken über verstärkte kontinentale Zusammenarbeit und Dialog der Ortskirchen in Form einer "europäischen Kirchenversammlung" an.
Keine Scheu hat Nemet davor, in gesellschaftspolitischen Fragen Stellung zu beziehen, wo dies der christliche Glaube fordert. Er rief zur menschlichen Behandlung von Flüchtlingen auf, zu einem geeinten Europa, zu Religionsfreiheit und zu Frieden durch Diplomatie statt Aufrüstung, warnte er vor einer "Ideologie der neoliberalen Marktwirtschaft" und unterstützte die jüngsten Studentenproteste gegen die Regierung in Belgrad. Auch innerkirchlich war von dem Ordensmann immer wieder zu hören, die Kirche dürfe die Debatte nicht Neo-Fundamentalisten und identitären Populisten überlassen, sondern müsse Vermittlerin inmitten der Polarisierung sein.
Aus ungarischer Minderheit in der Wojwodina
Nemet wurde am 7. September 1956 in der Ortschaft Odzaci, damals jugoslawische Wojwodina, geboren. Seine Familie war katholisch und gehörte der ungarischen Minderheit an, weshalb er als Kind und Jugendlicher oft verspottet wurde, wie er später erzählte. Als Student bei den Steyler Missionaren in Polen - bei denen er 1982 die Profess ablegte - erlebte er die Wahl von Papst Johannes Paul II. mit und war davon beeindruckt, wie dieser durch die Betonung der Menschenwürde auch politisch höchst wirksam wurde. Nach der Priesterweihe 1983 war er zwei Jahre Seelsorger in Kroatien.
Es folgte von 1985 bis 1987 das Studium in Rom, wo Nemet auch Jugendseelsorger war und erstmals mit der Vielfalt der Weltkirche in einer demokratischen Gesellschaft in Berührung kam. Es folgte bis 1990 ein dreijähriger Aufenthalt als Missionar und Studentenseelsorger auf den Philippinen, dann weitere Studien und die Promotion in Dogmatik 1994 in Rom - woran die zehn Jahre in Österreich schlossen. Von Februar 2004 bis Mai 2007 war Nemet Provinzial der ungarischen Provinz der Steyler Missionare. Ab 2006 fungierte er als Generalsekretär der katholischen Ungarischen Bischofskonferenz.
Zum Bischof wurde Nemet unter Papst Benedikt XVI. 2008 ernannt - zunächst für die Diözese Zrenjanin. Zwischenzeitlich (2021) zum Vizepräsidenten des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) gewählt, bestellte ihn Papst Franziskus 2022 zum Erzbischof von Belgrad. Schon seit 2016 leitet er als Präsident die über Serbien, Kosovo, Montenegro und Nordmazedonien verteilte "Internationale Bischofskonferenz vom Heiligen Cyrill und Method". Seit 11. Jänner 2025 gehört Nemet zudem dem römischen Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen an.